Erwachsene

Afrika – wie es war, wie es mich Demut gelehrt hat.

1. Februar 2019

Schwarz – Weiß. Das Gefühl der Demut

Zu einer Zeit, als es der „westlichen Welt“ -nach einem unfassbar zerstörerischen Krieg- klar war, dass eine Lehre der Rassenideologie – und trennug falsch ist, manifestierten und verschärften die wenigen Weißen in einem Land der Schwarzen ab 1948 die Apartheid per Gesetz. Wohnviertel, Schulen, Schwimmbäder, Parks, Strände – das öffentliche Leben – war geteilt: für Weiße, für Schwarze, für Farbige. Erst 1994 wurden die Gesetze der Apartheid vollends abgeschafft. Wenn man bedenkt, dass 1989 die Mauer fiel, wir aber noch immer gerne Wessis und Ossis unterscheiden, kann man sich vorstellen wie präsent der -so sichtbare- Unterschied zwischen Schwarz und Weiß in Südafrika ist. Es ist auch der Unterschied zwischen arm und reich.
Die Demut, die ich spürte, war die Erkenntnis des ungerechten, unfassbaren Glücks, das ich habe: 1978 in Bayern geboren worden zu sein.

Wieso denn Demut? Schuld? Gleichgültigkeit?

Rational ist Alles erklärbar. Dennoch stellte ich mit oft die Fragen: warum haben wir so Glück? Warum nicht Alle? Warum gerade die nicht?
Wir waren in fantastischen Restaurant. Im Vergleich zu München günstig. Bestes Essen, tolle Locations, feine Drinks. Überfluß. Als wir rauskamen, wurden wir angesprochen, ob wir Essensreste oder eine angebrochene Flasche Wasser hätten. Armut. Immer wieder. Überall. Ich fühlte mich schuldig. Es hat keinen übergeordneter Sinn, dass Schwarze arm und Weiße reich sind – es waren wahnsinnige Weiße, die dafür sorgten. Wieder die Demut, wieder das Bewußtsein wie gut es uns geht. Nach einiger Zeit war ich genervt von der Bettelei – und fühlte mich deswegen wieder schuldig, denn der Bettler bettelt nicht zum Spaß. Vielleicht stumpft man nach noch mehr Zeit ab und kommt in die Gleichgültigkeit – denn der Unterschied, die Schere, die Ungerechtigkeit ist allgegenwärtig. Und man kann vermeintlich ja auch nichts am Unterschied ändern…

Die Demut gegenüber der Natur

Es gab noch ein anderes Gefühl der Demut. Die Anerkennung, dass die Natur eine Schöpfung unfassbarer Schönheit ist. Niemals zuvor habe ich solche Farben am Himmel, solche Wind-Wolken-Spiele, solche Landschaften gesehen. Niemals zuvor sprang ein Affe auf mein Auto oder schnäbelte ein Strauß mit selbigem. Niemals zuvor musste ich zu Hause allabendlich auf Spinnen- und Schlangenjagd durch die Kinderzimmer gehen. Die Vielfalt hat mich, uns Alle, schwer und nachhaltig beeindruckt.

Das Land der Gegensätze

„Das Land“ ist nun groß gegriffen, denn wir waren nur in und um Kapstadt. Dennoch – noch nirgendwo habe ich soviele Gegensätze auf engstem Raum erlebt. Schwarz-Weiß, arm-reich. Schönste Restaurants – Bettler auf dem Parkplatz. Luxuriöse Villen – Security Personal aus dem Township. Kapstadt ist extrem sauber – sauberer als Berlin. Daneben ist Khayelitsha – Südafrika größtes, ärmestes, dreckigstes Armenviertel. Einladendes Meer – ausladende Temperaturen (im Sommer ca 9°C) und viele Haie.

Würden wir nochmals hinfahren? Oder gar dort leben?


Es war unglaublich schön. Für meinen Teil muss ich jedoch sagen, dass die Armut und das Gefühl sich nicht in der gewohnten Freiheit bewegen zu können einschränkend waren. Ich lebe gerne in meiner Blase der Glückseligkeit. Ich schwanke gerne des Nächtens durch ungefährliche Straßen. Meine Kinder laufen auch gerne allein zum Sport, zu Freunden. Wir glauben gerne, dass es Allen gut geht. Auf der anderen Seite hat mich noch keine Reise so nachhaltig geprägt wie unsere Zeit in Afrika. Wir sind uns in Vielem bewusster geworden – sei es unser Glück, Umgang mit Anderen, Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen. Diese Erfahrung möchte ich auf keinen Fall missen.
JA – ich empfehle jedem nach Kapstadt zu fahren. Mit offenen Augen. Mit offenem Herzen.
NEIN – ich fahre nicht mehr mit vier kleinen Kindern hin. Wir waren ja schon dort… (Tipps und Infos)
NEIN – ich möchte mein Gefühl der Sicherheit und Freiheit nicht in dem Maße anpassen, wie es dort von Nöten wäre, also würde ich -zumindest derzeit- nicht dort hinziehen.
JA – ich werde wieder hinfahren – ohne vier kleine Kinder. Irgendwann…

Ein Monat Kapstadt war wahrlich bereichernd. Ich merke, wie wir unser Verhalten hier (zumindest bislang) geändert haben – gerade was Überfluß und Verschwendung angeht. Die Jungs verstehen nun auch welchen Einfluß Bildung haben kann und schimpfen nicht mehr jeden Tag auf die Schule. Wir Alle haben etwas gelernt.
Und das ist das Beste, was eine Reise bringen kann!

Bildquelle: Pastor Tim K
Das Bild vom Township stammt von einer anderen Blogseite. Wir haben nie an einer „Touritour“ durch ein Township teilgenommen…

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1 Comment

  • Reply Kapstadt mit Kindern - warum, wohin, wie ist es so? 1. Februar 2019 at 12:19 pm

    […] „Wie war es denn?“ Das ist wohl die wichtigste Frage. Und daher bekommt diese Frage auch einen eigenen Blogbeitrag: „Afrika – wie es war und wie es mich Demut gelehrt hat„… […]

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