Erwachsene

Die Auslöschung der Schwiegermutter

8. November 2018

Was macht denn die Schwiegermutter zum Schwiegermonster?

Es geht die verbreitete Meinung um, dass eine Schwiegermutter etwas Schlimmes sei. Lenin sagte einst, die größte Strafe bei Bigamie seien zwei Schwiegermütter. Eine Umfrage der Gesellschaft für Erfahrungswissenschaftliche Sozialforschung ergab, dass knapp 30 Prozent aller Ehefrauen wahrlich unter der Mutter des Liebsten leiden. Gar jede achte Ehe endet aufgrund der Schwiegermutter. Die Fernuni Hagen bestätigt in einer Studie, dass das schlechteste Verhältnis zwischen Famlienmitglieder zwischen Schwiegertochter und Schwiegermutter besteht. Laut Studie trifft die Mutter die Erkenntnis, dass der eigene Sohn eine Frau neben ihr liebt, oftmals in einer schwierigen Phase: Menopause, eventuelle Krankheit, Verlust der eigenen Sexualität, Langeweile mit dem Partner. Und plötzlich steht da das blühende blonde Leben, nimmt den Sohn weg und bringt frische Gene ins Haus. Der Hass scheint vorprogrammiert.

Gibt es die wirkliche Schwiegermutter wirklich noch?

Ich habe -patchworking sei dank- zwei Schwiegermütter. Die eine wohnt in einer anderen Stadt, die andere in einer anderen Welt. So weit, so gut. Zudem habe ich eine wirkliche Mutter. Und die ist vollkommen ausreichend. Mir fällt nichts ein, was die Anderen können könnten, was meine Mutter nicht könnte, wenn sie wollen würde. Also hatte ich nie das Bedürfnis noch mehr Mutterkompetenz bei vorherigen Generationen anzufragen oder mir eine zusätzliche Art Mutter zuzulegen. Niemals, wirklich NIEMALS könnte ich zu einer der Schwiegermütter „Mami“ sagen. Das sage ich nur zu Einer – meiner.
Das scheint sehr zeitgeistlich zu sein. Denn meine Mutter, meine Schwiegermutter Nr1 und Schwiegermutter Nr2 haben noch ihre Schwiegermütter mit entweder einem scharfen „Mama“, einem säuselndem „Mütterchen“ oder einem rustikalen „Muddi“ angesprochen. In meinem Freundinnenkreis kenne ich Keine, die ihre Schwiegermutter anders als beim Vornamen nennt. Genau das tue ich auch. Was ist passiert seit der letzten Schwiegermutter-Generation? Warum wurde aus dem „Schwiegermütterchen“ auf einmal eine Frieda?

Das Konzept Schwiegermutter wurde ausgelöscht

Die Emanzipation treibt wilde Blüten. Die Verselbstständigung der Frau spürt eben nicht nur der Mann, sondern auch dessen Mutter. Wir sagen danke für alles Bisherige liebe Mannes-Mutter, von nun an kümmern wir uns um Deinen Sohn. Du kannst gerne zusehen, aber Dich nicht ungefragt einmischen. Denn wir wissen, was wir tun. Im Job, zu Hause, beim Mann. Zur Not fragen wir die eigene Mutter oder GOOGLE. Wir übernehmen das Zepter – und somit verlierst Du Deine Macht über uns. Und wir den Schrecken vor Dir.
Eine neue Konstellation tut sich auf: Plötzlich kann die Schwiegermutter eine Vertraute sein, die um die Macken des eigenen Ehemannes bestens Bescheid weiß. Sie kann mit gefragtem Rat und Tat zur Seite stehen. Sie kann Weintrinkkumpanin sein. Und da man eine Freundin auch nicht „Freundin“ ruft, nenne ich die Schwiegermütter eben auch beim Vornamen. Das Verhältnis hat sich also gewandelt – aus einem einst allgegenwärtigen Schwiegermonster wurde mittlerweile eine ab- und anrufbare Ratschlägerin. Schließlich ist der Umkehrschluß der oben genannten Studie, dass rund 70 Prozent aller Schwiegertöchter keine ernsthaften Probleme mit der Schwiegermutter haben. Der Schwiegerdrache ist tot. Lang lebe die Mannes-Mutter…
In der anderen Stadt, in der anderen Welt…

Bildquelle: Ernst Marischka (familienangehöriger Schwiegergroßvater)

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