Erwachsene

Überall Brustwarzen! Lautes vs stilles Stillen

31. Juli 2016

Sommer, Sonne, Sonnenschein – und Brustwarzen…

Endlich: Es ist wieder Sommer in der Stadt. Das merkt man nicht nur an der langen Schlange am isarnahen Reichenbachkiosk, am gestiegenem Radlerkonsum in den Biergärten oder an der erhöhten Cabriodichte auf der Leopoldstraße, sondern eben auch am Schwinden von Stoff. Die Säume werden kürzer, die Hemmungen werden geringer. Schließlich lacht ja die Sonne vom Himmel… Man fühlt sich befreit – die Welt liegt einem zu Füßen, dank erhöhter Vitamin D-Ausschüttung…
Und da sind sie auch wieder: Die Mütter, die aufgrund einer Entbindung völlig neue Rechte haben – denen die Welt zu Füßen liegen soll, weil sie aus ihrem Leib schon mal einen anderen Leib gepresst haben… Während sie witterungsbedingt einen Großteil des Jahres nur dadurch auffallen, dass sie mit ihren Kinderwägen Eingänge oder sämtliche Tische im äußerst beliebten Café blockieren („Die Rüpelmutter“), haben sie im Sommer noch ein weiteres Recht: Das öffentliche Zurschaustellen der Brustwarzen…

Stillen – „Es ist das Natürlichste der Welt“

Bekanntermaßen habe ich drei Kinder. Ich habe versucht zu Stillen, es hat nicht geklappt – auch weil ich wohl nicht wirklich wollte. Mich auch nicht überball ausziehen wollte… (Also: Der Song von Fettes Brot geht NICHT über mich!) Und weil ich nicht davon überzeugt bin, dass es für Kind und mich besser gewesen wäre als Milchpulver und Papis Einsatz in der Nacht. Dennoch bin ich in keinster Weise eine Stillgegnerin. Ich finde es bewundernswert, nach Schwangerschaft und Entbindung auch zu Stillen. Für mich war es einfach nicht das Richtige – für alle Anderen darf es das gerne sein. Aber: Ich möchte im Café keine handtellergroßen Brustwarzen kurz über dem Rand meines Weinglases hängen sehen. Nicht die von meinen Freundinnen und schon gar nicht die von Fremden! Das mag spießig sein. Das mag un-mütterlich sein. Mein Gefühl ist aber dennoch so…

Lautes vs. stilles Stillen

„Das Natürlichste der Welt“ darf gerne vor meinen Augen geschehen. Hier meine ich das Stillen… Ich kann auch durchaus in Anwesenheit von Stillenden sein. Der Vorgang des Stillens stört mich überhaupt nicht. Ich verstehe, dass es praktisch für Mütter erscheint immer babytauglichen Essensvorrat am/ im Leibe zu haben. Ich verstehe, dass das Baby bei 30°C nicht unter eine mit türkisfarbenen Sternen versetzen Leinendecke gehüllt seinen Umtrunk einnehmen will. Ich verstehe, dass Klein-Swantje ihr Hungergefühl nicht mit meinen Verabredungen koordinieren kann und auch mal Hunger hat, wenn ich Durst habe. Ich verstehe, dass ein Ausweichen in öffentlich-rustikale Toiletten oder in hitzegeladenen Autos keine Option für Nahrungsaufnahme jeglicher Art ist. Aber dennoch: Ich will die Nippel von mir unbekannten Neumüttern im Straßencafé nicht sehen. Aber ich musste es – schon oft. Und ich spreche nicht davon, dass eine Mami ihr Neugeborenes anlegt und sachte ihr T-Shirt zu Seite schiebt. NEIN – ich spreche von Denjenigen, die vergessen ihr Leibchen wieder runter zu ziehen nachdem Baby die rechte Brust leergesaugt hat und nun an die linke will. Ich spreche von Denjenigen, die gleichzeitg stillen und selbst ein Gläschen Virgin-Sprizz trinken können, da sich das Stillkind selbst Zugang zur Milchbar verschafft – denn es kann schon laufen und hat alle Zähne. Ich spreche von Denjenigen, die -im Café- barbusig über den letzten Milchstau samt einhergehender eitriger Entzündung sprechen, die nun schneller verschwindet, wenn die heilende Kraft der Sonne auf die Titten strahlt! Und die dann vollkommen empört mit Beschneidung von Frauenrechten argumentieren, wenn man sie bittet nach getanem Werk wieder ihre hängenden F-Brummer einzupacken…

The new Momism

Es ist oftmals ein spezieller Typus von Frau/ Mutter, der das natürliche stille Stillen zu einem extrem lauten Stillen ausweitet. Verfechter des „new Momism“ und Attachment Parenting stehen hier an vorderster Front. Ein maximal responsives Verhalten gegenüber Baby und Kind wird gelebt – dazu gehört eben auch das Stillen bis zum Alter von vier Jahren. Und ich wage zu behaupten, dass dieses Verhalten und dieses laute Stillen (besonders wenn es sich wirklich um Vierjährige handelt…) in Summe auf mehr Unverständnis als auf Verständnis stößt. Denn wirklich: Wer möchte denn bitte in einem Lokal von barbusigen Fremden ungefragt die Brustwarze vor die Nase gehalten bekommen? (Ja, wer möchte denn sowas?!?). Ich nicht, zuindest nicht am Gärtnerplatz und ohne Eintritt zu bezahlen.

stilles Stillen

Und nun ist es wieder passiert: Ich habe die heilige Solidarität unter Müttern verletzt und mich über das Verhalten von anderen Müttern empört… Ich habe -eine Form- der natürlichsten, reinsten, verbindensten Form der Nahrungsweitergabe von Mutter an Kind angeprangert… Die Leche-Liga schreit auf! Aber dennoch ist es so: Ich möchte die Nippel von fremden Frauen nicht aufgedrängt bekommen! Ich finde es ungeniert, unerzogen und unappeTITT-lich (ja, dieses Wortspiel musste sein…). Man könnte sagen, ich könnte toleranter werden. Könnte ich wohl. Warum aber muss denn Toleranz im öffentlichen Raum nur in die Richtung laufen, dass ich mit den nackigen Duddeln von Fremden im Straßencafé klarkommen muss – die Super-Still-Muttis aber nicht die Toleranz haben, meinen Standpunkt zu verstehen?

Vielleicht nehme ich von nun an immer ein Stilltuch mit und werfe es mir über meine Augen, wenn wieder jemand seine Brüste im Straßencafé aus- und nicht wieder einpackt.

Bild: bild.de

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8 Comments

  • Reply Nadine 2. August 2016 at 8:51 pm

    Hallo Bettina,

    ich heisse Nadine, bin 37 Jahre alt, Mutter von zwei Töchtern und bis jetzt, stille Leserin deines Blogs und vieler anderer. Bloglesen inspiriert mich, bringt mich zum Schmunzeln, berührt mich, gibt mir Denkanstöße, informiert mich.

    Zu deinem letzten Post „Überall Brustwarzen! Lautes vs stilles Stillen“ werde ich mich kurz zu Wort melden, denn ich bin schockiert!
    Ich bin nicht dogmatisch, wenn es um das Stillen und die Ernährung von Kindern geht, um das direkt vorwegzuschicken. Als Hebamme freue ich mich immer, wenn Frauen stillen und dies auch tun, wenn sie unterwegs sind. Die Flasche zu geben ist ganz genau so richtig.

    Aber dein Beitrag hat in etwa das gleiche Niveau, wie die Internetmeinung vieler, über das öffentliche Küssen auf den Mund der eigenen Kinder. Du klingst wahnsinnig frustriert! Wo sind die Frauen, die öffentlich und jedem ihre Brustwarzen präsentieren?
    Ich denke, die gibt es nur in München! Und nur dort wo du dich aufhälst.
    Die vielen Frauen, die ich kenne, ob Freundinnen, Bekannte oder von mir betreute Frauen, stillen so ungerne (wenn sie es überhaupt tun) dort wo Andere/Fremde sich aufhalten, dass sie die Stillmahlzeit entweder zuhause geben oder zum Auto rennen, um das Baby zu füttern. Wo sind die Mütter, die ihre bereits laufenden Kinder noch stillen? Und das so, dass du auf die Brustwarzen schauen musst? Selbst in meinen Kursen zeigen die Frauen nicht ihre Brustwarzen, wenn sie anlegen!
    Ich weiss, dass du nur deine Meinung äußerst und das ist auch gut so. Und ich äußere meine Meinung und das ist auch gut so!
    Ups, jetzt muss ich schnell hoch. Meine 1,5 jährige Tochter meldet sich gerade und möchte nochmal kurz gestillt werden.

    Nadine

    • Reply Mami und Gör 4. August 2016 at 11:32 am

      Liebe Nadine, vielen Dank für Deinen Kommentar. Da es wahrhaft so abstrus ist, dass man gar die Existenz der lauten Stillerinen anzweifelt, habe ich eine Fotostrecke erstellt. Blöderweise ist die Veröffentlichung derselben mir leider untersagt. Aber in der Tat gibt es am Münchner Gärtnerplatz so Einiges, was es anderswo eher weniger gibt. Dass es die Langzeit-Stillerinen gibt, zeigt auch der aktuelle Artikel der BILD
      Wie schön für Dich, dass Du dem wenig ausgesetzt bist. Und ebenso schön finde ich, dass man stillt! Hier darf man mich nicht missverstehen!
      Und, nein, mache Dir keine Sorgen! Ich bin nicht frustiert! Ich schreibe hier sicherlich etwas spitzzüngig und leicht satirisch. Satire speist sich aus Humor, nicht Frustration. Aus Frustration entsteht Zynismus – und davon bin ich weit entfernt…

  • Reply Elodie 6. August 2016 at 8:10 pm

    Ich bin ganz der Meinung von Nadine… Ich finde etwas ironisch, dass du von Bussi auf dem Mund und jetzt das vor kurzem schriebst 😉

    • Reply Mami und Gör 9. August 2016 at 8:19 am

      Ich möchte keinen zu sehr auf die Füße treten… Aber die Ironie zwischen Bussi auf dem Mund und heraushängenden Brüsten ist mir nicht ganz klar. Ich freue mich auf Erklärung! Liebe Grüße!

      • Reply Elodie 9. August 2016 at 6:26 pm

        Der Mund ist genauso ein sexuelles Objekt wie die Brust… und ist genauso ein „Nährungsmittel“ wie die Brust… Für manche Kulturen ist Bussi auf dem Mund ein no-go, vielleicht genauso wie du stillen in der Öffentlichkeit empfindest.

        • Reply Mami und Gör 13. August 2016 at 8:42 am

          Ich bin verwirrt… Immer diese „manche Kulturen“ überall…

  • Reply Ines 12. August 2016 at 6:20 pm

    Hallo Bettina,
    Ich bin grade über deinen Blog und diesen Beitrag gestolpert und ich muss gestehen, ich finde deinen Beitrag klasse,
    Genau dass, was ich oft denke.
    Ich selber bin Mutter zweier Mädels (8j und 3Monate).
    Sowohl meine Große als auch meine Kleine habe ich gestillt, bzw stille ich noch.
    Aber ich bin weit davon entfernt der Öffentlichkeit und fremden meine Brüste/Brustwarzen zu offenbaren.
    Es lässt sich nicht immer vermeiden unterwegs zu stillen, vor allem weil meine Kleine pünktlich alle zwei Stunden Hunger hat. Wir sind eine sehr aktive Familie und unternehmen gerne etwas zusammen.
    Aber ich habe immer ein sehr praktisches Bolero Jäckchen mit Knopfleiste dabei, das ziehe ich über und es sieht beim stillen unterwegs nur so aus als würde ich das Mäuschen einfach im Arm halten und man sieht nichts. Auch suche ich mir wenn wir zu Fuß unterwegs sind ein Ort wo ich nicht auf dem Präsentierteller sitze.
    Denn ja ich bin absolut der Meinung das die Brüste einer Frau nicht für Fremde Aufen bestimmt sind.
    Stillen mag das natürlichste sein und ich finde es auch wundervoll diese Erfahrung machen zu dürfen.
    Aber auch als stillende Mami möchte ich keine fremden Brüste und Nippel sehen und fand es ebenfalls sehr wie du schreibst „unappetitlich-TITT-lich als eine mir unbekannte Frau ihr Brüste (alle beide auf einmal) in der Frauenarzt Praxis auspackte oben ohne ihr Neugeborenes stillte.
    Ich bin definitiv eine Verfechterin des stillen Stillens und finde es klasse das du es mal ausgesprochen hast wie es ist.
    Mütter bedeckt eure nippel die Welt ist kein großes FKK Gebiet so natürlich wie stillen auch ist , ist Nacktheit in der Öffentlichkeit es nun einmal nicht.

    • Reply Mami und Gör 13. August 2016 at 8:42 am

      Yeah! Genau! Danke!!!

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