Erwachsene

Kinder-Corona-Betrieb: Woche 2 – Zeit für NICHTS!

27. März 2020
Titelbild vom Kinderbuch Miss Beschäftigt als Bildnis für enormen Zeitaufwand in der Corona-Krise

Corona wütet, Corona zeigt…

Zwölf Tage sind seit meinem letzten Eintrag vergangen. In diesen zwölf Tagen ist einiges passiert. Sheriff Söder beschloß als Erster eine Ausgangsbeschränkung, daraufhin der Bund ein Kontaktverbot. Meine Mutter wurde ein Jahr älter, ich wurde plötzlich heimschulende Lehrerin. Mein Achtjähriger versteht nun sämtliche Microsoft-Anwendungen besser als ich, der Elfjährige hat sogar Sportunterricht via Video, die Kindergarten-Tochter hat plötzlich Hausaufgaben (Schimmel-Bakterien-Experimente) und morgen Abend treffe ich den Hengst von Asbach und weiterE Freunde in der virtuellen Kneipe namens ZOOM.
Es gibt erschütternd viele Tote durch Corona. Unfassbar viel Leid. Und es gibt Diejenigen in meinem erweiterten Bekanntenkreis, die sich in einer wirklichen Misere in den „sozialen Medien“ über falsch gewählte Schriftarten und den Ton der in München an die Ausgangssperre erinnernde Durchsagen echauffieren – aber in keiner hilfreichen Art tätig werden. Daneben meine Freundin Liesl Weapon, die in den „sozialen Medien“ zur wunderschönen Ode an die Freude anstimmt und so Freude statt kleingeistige Miesepetrigkeit verbreitet. Und dann gibt es zum Glück auch Diejenigen in meinem Freundeskreis, die ganz ohne soziale Medien helfen. Bei der Essens-Ausgabe für Obdachlose, beim Hopfenbauer in der Hallertau, beim Bestücken des Gaben-Zauns. Jetzt zeigt sich wer menschlich ist, wer wahre Werte hat – und wer musizieren kann.

Das tägliche Mehr…

Es zeigt sich viel derzeit. Es zeigt sich auch, dass ich mich mit der Rundum-Betreuung von vier Kindern, einem Mann und einer beruflichen Aufgabe als „ausgelastet“ bezeichnen kann. Durch den Corona-bedingten Wegfall der Einrichtungen und das Dazukommen von zwei Homeoffice-Beschäftigten erhöht sich unser häuslicher Essensaufwand um wöchentlich 35 Mahlzeiten und 15 Zwischenmahlzeiten – macht rund 30 Kilo Nahrung. Die dazu gewonnen Zeit Aller für mögliche Dreckproduktion zu Hause beläuft sich auf insgesamt 220 Stunden pro Woche. Das kinderliche Bildungsentertainment durch mich summiert sich auf 35 Stunden pro Woche – offenbar trauen die Einrichtungen mir zu, den Job als Lehrerin mal flugs nebenher zu meinem eigentlichen Job zu erledigen. Und auch nach dem mütterlichen Unterricht wollen die kleinen Mitbewohner betreut werden… Ach und ein paar jobbedingte Abgabe-Deadlines sollen auch noch eingehalten werden.

Wo bitte bleibt meine Langeweile?

Ursprünglich hatte ich den Plan virtuell durch den Louvre zu flanieren. Mir mal in aller Ruhe ausgewählte Podcasts anzuhören, ein paar Online-Kurse zu absolvieren, mit den Kindern im Rahmen des Erlaubten spazieren zu gehen, mehr Yoga. Und was ist: KEINE ZEIT! Wo bleibt denn meine Langeweile? Langeweile klingt für mich wie erstrebenswerter privatpersönlicher Luxus… Wenn ich kurz mal die Finger von der Tastatur nehme, wittert ein Kind die Chance zum Angriff. Wenn ich den Weg ins Bad antrete, lauert ein Kind hinter der Türe. Sollte ich gar eine Jacke anziehen, um im nahegelegenen Supermarkt Milch zu holen, zeigt mindestens ein Kind große Bereitschaft mich zu begleiten. Irgendeiner ist immer um mich, irgendeiner ruft immer „Mamiiiiiiii“! Und immer sage ich: „Ich komme mein Schatz…“ Ich stehe bereit für meine Familie. Immer – dafür nehme ich Opfer in Kauf. Weil ich ihm tagsüber nicht folgen kann, nehme ich Prof Drosten mit ins Bett. Doch selbst dort erwartet mich keine Ruhe, sondern der Mann.

Wir gewinnt!

Das Schöne wiederum an all den Extraaufgaben ist, dass diese durch meine Familie kommen. Will heißen, dass meine Familie immer da ist, wo ich bin. Das ist schön. Schön anstrengend, schön zeitraubend, aber schön. Wir sind nun auf jeden Fall noch mehr zusammener als schon davor. Bis zum Start der ersten Online-Schulstunde liegen wir zu sechst im Bett und schauen die Wiederholung von GZSZ. Wir kochen zusammen, wir essen zusammen, wir beschweren uns zusammen, wir nölen zusammen. Wir LEBEN zusammen. Wir lernen die Wichtigkeit von „wir“ und „zusammen“ noch mehr zu schätzen. Im Kleinen wie im Großen. Und wenn das WIR größer ist als das ICH unterstützt man und regt sich auch nicht bei Facebook über falsch gewählte Schriftarten auf…

Machen wir das WIR groß – größer als Corona…

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3 Comments

  • Reply Kristin 27. März 2020 at 8:26 pm

    Du sprichst bzw. schreibst mir SO SEHR aus der Seele! DANKE!!!

    • Reply Mami und Gör 28. März 2020 at 5:05 pm

      Sehr sehr gerne. Besonders für die Vierfachmütter geschrieben…

  • Reply Mehr Spaß mit Corona - Das Quarantäne-Musik-Quiz 7. Mai 2020 at 12:19 pm

    […] People – fast nackert. Etwas Gin and Juice. Ehrlich: I want it all! Doch selbst mein Freund Drosten weiß noch nicht, ob ich ab in den Süden fliegen kann… Neben meinen “Urlaubs-Problemen“ […]

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