Der Fussball-Fan. Das Klischee lebt.
Nun ist es soweit: Unsere Weltmeister treten an, um auch noch Europameister zu werden… Die Nation fiebert mit. Das Land wünscht sich den Pokal. Das Volk will Helden sehen. Und diese Helden brauchen Fans… Doch am liebsten bleiben sowohl Helden wie auch Fans in einer homogenen Geschlechtergruppe – die der Männer. Bei der derzeitigen Platzvergabe für die reservierten Plätze beim Public-Viewing werden die Damen -immerhin mit knapp fünf Prozent in der Überzahl im Volke- schlichtweg ignoriert. Selbst nach langjähriger Standhaftigkeit an des Partners Seite, nach Jahren der moralischen Unterstützung, nach unendlich langer Zeit der ehelichen Aufopferung bevorzugt der Gatte als Fussball-Begleitung einen Bürokameraden, der zufällig auch EM-Klebebildchen sammelt. Warum ist das so? Stören die Östrogene wirklich bei der archaischen Zusammenrottung der Männer – gerade bei Sportereignissen? Und welcher weibliche Fussball-Fan stört am meisten?
Der weibliche Fussball-Fan – Fantastisch oder fanatisch?
Typ Katzenberger – Die fussball-fremde Quasselstrippe
Sie redet und redet und redet… Dass nebenher ein EM-Spiel stattfindet, interessiert sie nur bedingt. Sie ist nur dort, weil es hier zuhauf süße Typen gibt. Am liebsten schnattert sie über eben diese „süße Typen“, Klamotten und eben Zeugs – und das wiederum am liebsten mit ihrer besten Freundin. Die aber kommt zu spät zum Public Viewing, macht aber nichts, denn die Freundin A hielt mittels Handtäschen einen Premium-Platz für Freundin B frei und erhebt sich nun aus dem Pulk der sitzenden Menge und winkt wild gestikulierend und ins Handy schreiend. „Schatzi, hier bin ich!“ Und das so lange bis die liebe Freundin B auf 20cm angerückt ist und man sich nun so anschreien kann. Denn Freundin B ist noch ganz erbost über ihre Vorgesetzte, die sie gezwungen hat den Salon auszufegen, obwohl sie doch schon eigentlich verabredet war. Folglich gibt es hier sehr viel Gesprächsbedarf. Das einzig fussball-relevante, das man hört ist: „Wer spielt hier eigentlich gegen wen?“
Typ Heike, Kulturwissenschaftlerin – Die semi-intellektuelle Sympathisantin
Sie ist nur dabei, weil man das eben so macht – und der Traummann (ein wahrer Fussball-Fan) ebenfalls anwesend ist. Seit der WM-Pokal-Übergabe war ihr Fussball nicht wichtig, denn eigentlich denkt sie Fussball sei vulgär. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des FIFA-Skandals waren für sie von größerem Interesse als das DFB-Pokalfinale. Sie gibt die Intellektuelle und kommentiert das Spektakel lediglich mit Mimik-Entgleisungen. Sie sondiert die Lage und sucht sich ein Vorbild-Opfer – dessen Gefühlsausbrüche kopiert sie -in verminderter Form- um dem Traummann zu zeigen „Ich kenne mich aus“… Verräterisch ist eben nur die kleine Zeitverzögerung zwischen Spielgeschehen und ihrer Reaktion. Eigenständig würde sie nichts kommentieren. Sobald der Begleiter jedoch etwas sagt, wiederholt sie es in ihren eigenen Worten. Da wird aus dem männlichen „Wirklich spannend“ gerne mal das Bonmot „Das ist in der Tat ein spritziges Spiel mit ungewissem Ausgang“.
Typ Elle Woods (Legally Blonde) – Die komplett Unwissende
Auch sie ist dabei, weil es eben ein Event ist. Sie hält mit ihrer Ahnungslosigkeit nicht hinterm Berg, sondern kündigt diese schon lauthals an: „Voll cool, dass ich dabei sein darf. Weil ich kenn‘ mich eigentlich gar nicht aus beim Fussball…“ Da geht das Herz des männlichen Fussball-Fans doch auf. Netterweise ist sie Diejenige, die immer an der Bar die neuen Getränke holt – und für sich selbst einen Caipi. Und zu viel davon münden dann darin, dass sie Fragen stellt wie „Und beim Halbfinale welche Mannschaften spielen dann mit?“. Oder die Feststellung in einer Freistoßsituation, als die eben dafür vorgesehene Freistoß-Schutzhaltung von den Spielern eingenommen wurde. „Also wenn die jetzt einen Penisschutz tragen würden, dann könnten sie mit den Händen den Ball auch fangen.“ (Ja, das ist WIRKLICH passiert!)
Typ Wowereit – Die Party-Opportunistin
Ihre Interessen unterliegen dem Partykalender. Dieses Jahr wird die ganze Aufmerksamkeit in der Freizeitgestaltung erst der EM, dann der Wies’n gewidmet. Es gilt bei sämtlichen Events hochprofessionell aufzutreten. Dafür hat sie sich für Ersteres eine neues Fussball-Trikot übergezogen, sich die Deutschland-Flagge ins Gesicht gemalt, ein Fancap auf und noch -voll der Insider!- das EM-Maskottchen als Bildschirmhintergrund gezogen. Zudem hat sie in den letzten Wochen alle Namen, Positionen, Vereinszugehörigkeiten, Hobbies und Lieblingstiere der Nationalspieler auswendig gelernt. Blöderweise hat sie sich als Informationsquelle das Panini-Album ausgesucht und weiß nun nicht warum der 25-jährige Ilkay Gündogan von Manchester City mit seinen braunen Augen nicht spielen darf. Dennoch bläst sie erfreut in ihre Vuvuzela, denn auch 2010 war sie schon „ein echter Fussball-Fan“…
Typ Cathy Hummels – The (wannabe) Footballer’$ Wive
Sie liebt den Fussball – wegen der Fussballspieler. Man trifft sie gerne im P1 oder im H’ugo’s. Sie ist schon mal in Neuer gerannt und hat auch schon mit Gomez geknutscht. Den Basti kennt sie auch – der ist voll nett… Sie weiß welche National-Mannschaft die süßesten Typen und welches Team das schönste Auswärts-Trikot hat. Und sie kommentiert die Arbeitsleistung von Béla Réthy nur mit „Ach, so sieht der aus. Den habe ich mir ganz anders vorgsetellt.“ Gerne sagt sie zu ihrem Fussball-Fan-Begleiter: „Schau mal darüber. Der hat voll die schöne Hose zu dem komischen Sport-Shirt an. Die würde Dir auch stehen.“ Die männliche Begleitung ist begeistert… Dann macht sie ein Selfie – #cutesportsfan #manymen #iloveballs
Typ Natze Angerer – Die Ultra
Sie spielt selbst Fussball. Sie sagt Dinge wie „Sack!“, „Schwalbe“ oder „Heul doch Du Memme!“ und intoniert „Steht auf, wenn Ihr Deutsche seid“! Der Mann an ihrer Seite ist kein Mann – das ist sie. Sie rülpt und sagt „Schulz“, sie sagt sie braucht mehr Bier. Sie erkennt die komplette Spieltaktik anhand der Aufstellung und gibt auch selbst gerne Traineranweisungen im Spielverlauf. Gibt es einen Fehlpass, analysiert sie warum und wann man den Ball besser an wen hätte abspielen müssen. Sie spricht gerne besonders laut, damit der männliche Fussball-Fan registriert, dass man es hier mit einem seltenen Exemplar des weiblichen Fussball-Experten zu tun hat. Rivalinnen foult sie – auf dem Fussballfeld wie auf der Männerjagd. Sie ist eine Ultra.
Typ B. – Der weiblich interessierte, informierte und gediegene Fussball-Fan
Sie ist dabei, weil sie dabei sein will. Sie freut sich auf die EM – auf die Stimmung, das gemeinsame Erleben und die sportlichen Erfolge. Sie erkennt ein Abseits, hält ihr Wissen jedoch dezent zurück und gibt ihre Expertise nur auf Nachfrage preis. Sie setzt sich, wenn angepfiffen wird und versperrt erst dann die Sicht, wenn zur Halbzeit abgepfiffen wird – sie hat für 45 Minuten ihre Blase unter Kontrolle. Bei den wenigen Malen, die sie auf’s Handy schaut, kontrolliert sie ob der Babysitter angerufen hat. Sie weiß, dass Dabeisein eben nicht Alles ist. Sie gibt Raum: Dem männlichen Begleiter und dessen Gefühlsausbrüchen, der deutschen Mannschaft und deren Fans – dem Sieg…
Ja – jeder kennt diese Art der Fussball-Fans… Seien sie wirklich weiblich oder auch männlich… Und dennoch sind wir froh, dass auch sie dabei sind, den Auftritt unserer derzeitigen Fussball-Helden mit ihrem Feinsinn bereichern, Freude stiften oder Getränke holen. Denn am Ende des Tages ist doch Alles nur ein Spiel… Oder?
Bildquelle: rp-online
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