Früher gab es einmal Ferien…
Im letzten Jahr gab es Sommerferien. Einfach Ferien. Kind 1 hatte einen Schulwechsel vor sich, Kind 2 wechselte in die Jahrgangsstufe 3, für Kind 3 und 4 standen keine großen Veränderungen an. Nur Ferien. Der letzte Schultag fand wie gewohnt nur bis 10.30h statt, die Zeugnisse wurden überreicht, danach trafen sich rund 70 Prozent der Grundschüler samt dazugehörigen Eltern und freudig erregten Großeltern an der Eisdiele. Wir gingen in unser Stammwirtshaus zum Schnitzelessen. In diesem Jahr findet der Unterricht seit 143 Tagen nur zweieinhalb Stunden am Tag statt – und das an nur jedem zweiten Tag. Die Zeugnisse werden am Freitag „schnell“ verteilt werden, erst an Gruppe A, dann an Gruppe B. Das Wirtshaus ist nur mit Maske zu betreten und dank Tönnies essen wir kaum mehr Schnitzel. Und daher fragt man sich: auf was sollen wir uns denn nun freuen? Auf ein Zeugnis, das ohne Unterricht Schülerleistungen abbilden soll? Auf endlich Ferien? Ferien von was denn bloß? Sie waren doch gar nicht in der Schule…
Die drei bösen „H“: Home-Office, Home-Schooling, Haushalt…
Seit 143 Tagen darben die Eltern im Home-Office, zusätzlich gestresst vom Home-Schooling, vollkommen gestresst vom Haushalt… Diese drei „H“ sind von einander abhängig und verhalten sich proportional. Zum Beispiel: mehr Home-Schooling – weniger Zeit für Home-Office – mehr Haushalt… Denn blöderweise verlangen die nun mehr anwesende Personen im Haushalt nach mehr Essen, mehr Trinken, mehr Sauberkeit. Meine vier Männer mögen es zwar sauber, aber keiner mag sauber machen… Das Mädchen und ich sind natürlich anders. Jetzt, wo gleich die Schule zu Ende ist, wären theoretisch Alle wirklich immer hier. Das bedeutet, dass zwar etwas weniger Home-Schooling anfällt, weil „eigentlich ja Ferien“ (dennoch sagt der Lehrer: “Also es wäre schon super, wenn die Kinder aufgrund der verlorenen Zeit die freiwilligen Extra-Aufgaben für die Ferien vollständig bearbeiten können. Man möchte ja wieder aufholen. Aber das ist natürlich GANZ FREIWILLIG. Aber trotzdem nötig, damit man gut weitermachen kann. Wir werden das auch kontrollieren.“ ), der Punkt Haushalt aber wächst. Home-Office sieht für diejenigen, die selbstaufopfernd ihren Jahresurlaub gegen Home-Schooling und Haushalt im April und Mai eingetauscht haben auch eher wenig Ferien-mäßig aus. Denn es blieben keine Urlaubstage übrig. In diesen Ferien also Home-Schoolt man weiter und klotzt im Home-Office ran… Mit den Klötzen am Bein.
„Teilen Sie sich doch die Arbeit in den Ferien mit den Kindern!“
Vor längerer Zeit an einem anderen Ort als der Münchner Innenstadt konnten Kinder in ihren Ferien die Eltern bei deren Aufgaben unterstützen. Mein Papi erzählt mir wie er mit seinen Geschwistern half „beim Kartoffelklaubn“. Das ist sicher eine äußerst nette Idee, wenn man
- einen Kartoffelacker hat
- Kinderarbeit begrüßt
- Kinderhände und/ oder -hirne sinnvoll für seinen eigenen Job einzusetzen weiß.
Leider kann weder mein Elfjähriger noch mein Zweijähriger ein Branding begleiten, ein Krisenkommunikationskonzeot erstellen (wobei beide GENAU wissen, wir man in selbst verursachten Krisen mit Mami strafmildernd kommunizieren muss…) Die Tochter und der Neunjährige können auch nicht helfen neue, emissionsarme Motorentechnik kostensparend zu implementieren. Die Eltern meiner Kinder arbeiten weder auf dem Feld, im Direktverkauf oder leiten einen Ponyhof – da möchte die Tochter gerne arbeiten. Ich bin ehrlich gesagt auch froh, dass der Roller-Mechaniker die Revision meiner uralten Vespa nicht seinem Siebenjährigen überlässt und dass meine Frauenärztin ihre Kinder ebenfalls nicht mit gynäkologischen Aufgaben betraut. Also lehne ich den möglicherweise nett gemeinten, aber doch vollkommen weltfremden Pädagogen-Vorschlag meine Kinder in meinen Beruf miteinzubeziehen dankend ab. Nein, ich möchte meine Arbeit wirklich nicht mit meinen Kindern teilen.
Was machen wir also in den Ferien?
Nun also Ferien vom irgend-Corona-was… Und dieses Corona-irgendwas was unser Alltag. Also machen wir einfach Ferien vom Alltag. Erst einmal müssen die Großeltern, die Tante und der Onkel ran. Bei hoffentlich einigermaßen schönem Wetter verbringen die Kinder einige Tage mit diesen an der Nordsee. Danach geht‘s wir immer nach Menorca. Soviel „Familien-Urlaub“ muss sein. Das gesamte bisherige Jahr fand nur in Bayern statt. Jetzt ist es Zeit wegzufahren, jetzt sind Ferien, jetzt ist es (für uns) wichtig, den Corona-Alltag wieder gegen einen gewohnten Ferien-Alltag einzutauschen. Und der Sommerferien-Alltag findet schon seit Jahren auf Menorca statt. Und da mir durchaus klar ist, dass ich in den Ferien nicht „frei“ habe, hoffeich zumindest, dass wir „Corona-frei“ bleiben. So bescheiden sind meine Sommer-Ferien-Wünsche…
Was Corona Alles so macht mit Einem…
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