Wir treten eine Reise an…
Ab und an fährt die Familie mit dem Zug nach Berlin um die dortigen Großeltern zu besuchen. Da ich eine bestimmte Sitzkonstellation wünsche -online schwer durchsetzbar- wende ich mich an das Servicepersonal der DB im Reisezentrum des Münchner Hauptbahnhofes. Als geübte Bahnfahrerin bereite ich mich vor, habe das gewünschte Angebot aufrufbar auf dem Smartphone, und lege los: „Ich hätte gerne sechs Plätze in der 1. Klasse, zwei Erwachsene, der Rest Kinder“. Statt eines freudigen Drauflostippens reagiert der Beamte JEDES Mal mit: „Wir haben aber auch ein Kinderabteil“…
Nein, kein Kinderabteil für mich!
Ich will nicht inein Kinderabteil – ich will 1. Klasse fahren! Zum Einen ist das im Angebot (Smartphone gezückt) günstiger als die 2. Klasse, zum Anderen gibt’s da immer WLAN… ausserdem gehöre ich in die 1. Klasse. Also sage ich: „Nein. 1. Klasse, sonst nichts.“ Man sieht ihm an, dass er schon jetzt fürchtet er müsse am Tag nach unserer Reise in der Beschwerdeabteilung arbeiten… Er denkt: So viele Kinder zwischen all den vom Stress geplagten Geschäftsreisenden in der 1.Klasse… Das kann doch nicht gutgehen… Dafür gibt es doch extra das Kinderabteil… Dort könne die Plagen laut sein…
Raus aus der Gesellschaft – rein ins Kinderabteil
Da entpuppt sich der wahre Hintergrund eines als so familienfreundlich gepriesenen Kinderabteils… Die unruhestiftenden Kleinen sollen in einen Sonderraum des Zuges verfrachtet werden, um unter Ihresgleichen weniger aufzufallen und um den Rest des ICEs für leise, genuss- und ruhesuchenden Erwachsenen vorzubehalten. Dass diese Idee der Generationen-Trennung beim Reisen durchaus Anklang findet, beweist Forderung der britischen Journalisten Kelly Rose Bradford, die sich auch im Flugzeug eine strikte Erwachsene-Kind-Separation wünscht. Generell seien, so Bradford, Kinder im Flieger eine Belastung für Mitreisende sowie eigene Eltern. Daher empfiehlt sie Eltern, die mit ihrem Nachwuchs per Flugzeug verreisen empfiehlt sie „ernsthaft ihren Lebensstil zu überdenken“. Da man wohl kein generelles Flugverbot für Kinder aussprechen könne, sei sie für die Einführung einer Family Class im Flugzeug, wo „Familien und Kinder ihre fröhliche Hölle ausleben könnten…“.
Der Ruf nach mehr Kindern ist laut. Der Ruf der Kinder eben auch.
Ich finde, ich habe meine gesellschaftliche Pflicht mit dem Gebären von drei Kindern erfüllt. Nun darf die Gesellschaft ihre Pflicht erfüllen und uns als Familie in ihrer Mitte willkommen heißen. Daher werde ich auch weiterhin meine Kinder in die 1. Klasse, inmitten der Erwachsenen, setzen. Meine Kinder werden auch weiterhin mitreisenden Erwachsenen zeigen, wer die Zukunft ist. Zur Not auch lauter.
Falls nun ein falscher Eindruck entsteht: meine Kinder sind nicht laut, nur lebhaft…
4 Comments
Reineren Egoismus könnte man kaum in Worte fassen.
„ausserdem gehöre ich in die 1. Klasse“
Ja – vielen Dank Georg, ich bemühe mich bei der gezielten Wortwahl! Freut mich, dass es gelingt. Ich danke auch der Deutschen Bahn für die Einführung des Klassensystems!
Hallo Bettina,
schön, deinen Blog entdeckt zu haben. Dieser Artikel hier ist eine schöne Einstimmung auf unsere morgige Fahrt mit dem ICE. Nicht im Kleinkindabteil, sondern im Großraumabteil der 2. Klasse. Tatsächlich bin ich erklärter Fan von Bahnreisen. Ja wirklich. Auch mit Kindern.
Falls ich direkt mal verlinken darf, hier meine 5 Gründe für Bahnreisen (und 1 dagegen): http://www.berlinfreckles.de/kind_und_kegel/5-grunde-fur-bahnreisen-mit-kindern
Viele Grüße,
Sophie
Liebe Sophie, immer ruhig her mit den Links! I like to link!