Erwachsene

Zielgruppe Latte-Macchiato-Mütter – „Absurd und teurer? Die kaufen Alles!“

22. April 2016

Zielgruppe Latte-Macchiato-Mütter

Sie ist erfolgsverwöhnt, sie sieht gut aus, sie hat einen guten Job, sie ist glücklich. Und nun ist sie schwanger. Sie möchte weiterhin erfolgsverwöhnt sein (denn das Kind war geplant und somit ist die Schwangerschaft auch ein Erfolg), sie möchte, dass sie -und das Baby sowieso- gut aussehen. Und sie möchte natürlich glücklich sein. Sie ist prädestiniert, eine der sogenannten Latte-Macchiato-Mütter zu werden und zu sein. Das ist prima – ich weiß das! Aber nun ist sie erst einmal unsicher – denn sie ist zum ersten Mal schwanger. In wohl keiner Phase des Lebens ist eine Frau so beeinflußbar wie in der (ersten) Schwangerschaft. Die Gründe sind klar: Es ist das ERSTE Mal, dass ein kleiner Mensch in ihr wächst, die Hormone spielen verrückt und Alle um sie herum geben gutgemeinte Ratschläge. Das seltsame ist, dass sich die Ratschläge oftmals komplett widersprechen oder einfach nur an sich komisch sind: „Alkohol ist tabu.“, „Ein bisschen Rotwein schadet nicht, schau Dich an – ich habe auch etwas getrunken als ich mit Dir schwanger war“. Es gibt Myriaden von Studien, und doch ist man verwirrt. Die unerfahrene und verunsicherte Schwangere startet also mit dem Kauf schwangerschafts- und babyspezifischer Dinge: Zuerst einmal ein paar Schwangerschaftsratgeber. Schließlich sind die auf neuerem Stand als die eigene Mutter, die ja schon vor über dreißig Jahren das Kind zur Welt gebracht haben. Die Zeiten haben sich verändert: Damals gab es noch kein Handy, dafür aber die UdSSR. Muttern hat keine Ahnung mehr, wie das heute so ist schwanger zu sein… Und dann startet die Schwangere ihre Reise durch das WorldWideWeb…
GOTCHA! Das ist er: Der erste Erfolg für die Marketing-Verantwortlichen… Die werdene Mutter ist ins Netz gegangen!

Erfolgreiches Verkaufen: Latte-Macchiato-Mütter identifizieren, Ängste schüren, Begehren wecken…

Von nun an rauscht Werbung für Windeln, Schnuller, Stilltücher rein in die Seitenleiste! Gnadenlos werden dank big und smart data Babysachen ins Bild geschossen… Dank zuvor gespeicherter Cookies weiß das schlaue Internet, in welcher Preisklasse man sich bewegen kann… Verwirrt ob der Vielfalt sucht man im Internet nach „Erstlingsaustattung“ – und landet promt in fürchtlichen Foren, in welchen es wohl einen unbedingten Zusammenhang zwischen „Erstlingsaussattung“ und „Verletzungsgefahr bei Babys“ gibt. Nun werden Ängste geschürt und Begehren geweckt… Und dann ploppen sie auf: Die bisher ungekannten Dinge, die mal wohl als Schwangere und als Baby braucht – und von denen man bislang keine Ahnung hatte, dass sie existieren…

Ich war überrascht von:

Die Zielgruppe Latte-Macchiato-Mütter ist unsicher, hat Geld und ist besonders…

Da der Trend zu immer mehr Lebensplanung geht, sind viele der Erstgebärenden erstmals Spätgebärende.  Das heißt sie sind schon mal Risikoschwangere per se und verspüren wegen Wahrscheinlichkeitbestimmungen und Frühdiagnostik eine größere Unsicherheit. Und es heißt, sie haben oftmals ein schon erarbeitetes Euro-Pölsterchen, das sie nun bereit sind etwas schrumpfen zu lassen – für das Baby. Insgesamt gaben die Deutschen rund 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2014 für Baby- und Kinderbedarf für Babies und Kinder von null bis drei Jahren aus. Das kanadische Unternehmen Dorel Juvenile, welches in Deutschland zum Beispiel die Marken Quinny, Safety 1st und Maxi-Cosi auf dem Markt ist verzeichnet im Jahr 2014 einen Umsatz von insgesamt rund einer Milliarde Dollar. Wohlgemerkt vornehmlich mit „Baby-Sicherheits-Produkten“, die es vor 50 Jahren gar nicht gab – obgleich es wohl schon Babies gab. Hat sich der Sicherheitsanspruch von Babies so sehr gewandelt? Wohl kaum, aber der Anspruch der werdenden Mütter. „Mach’s absurd und teuer. Die kaufen eh Alles.“ ist ein Zitat aus der Marketingabteilung eines großen Herstellers für Kinder- und Babybedarf. Warum ist das so? Unterstellt man der Schwangeren, dass sie -obwohl sie nun zwei Gehirne hat- weniger denkt als vorher? Oder baut man einfach komplett auf Unsicherheit und Unerfahrenheit? Fakt ist, es funktioniert – denn es gibt die Nachfrage nach oben erwähnten Dingen. Es gibt die Nachfrage nach Babynasenabsaugeraufsätze für Standardstaubsauger!! Also gibt es auch diese Dinge… Braucht man sie? Wirken sie? Schützen sie? Beschützen sie? Sind sie für die Mütter oder die Kinder ein Schutz?

Und: Wie konnte die menschliche Rasse nur überleben ohne Lauflern-Kopfschutz?

Fest steht: Herzlichen Glückwunsch Ihr Marketing-Abteilungen der Welt! Ihr habt sie erschlossen: Die Zielgruppe der Latte-Macchiato-Mütter… Mit lustigen, unterhaltsamen, zuweilen auch sehr teuren Dingen…
Und falls noch Lust auf mehr mit weniger Sinn besteht: Für die Kim Kardashians unter uns gibt es den Schnuller mit echten Diamanten! Für nur 17.000$ – plus Kosten des versicherten Versands…

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2 Comments

  • Reply ALLE HABEN DAS - Kindlicher Spielzeugwahn jetzt und damals 1. Juli 2017 at 5:50 pm

    […] Kind pro Monat bespielbares Zeug für knapp 15 Euro. Kinder sind eine begehrte Zielgruppe. Vom diamantbesetzen Schnuller für Neugeborene bis hin zur Anna-und-Elsa-verzierten Frozen-Haarbürste, vom Babywasser bis hin […]

  • Reply Der littlehipstar-Pop-Up - hip hip hipsterhooray! 9. April 2018 at 3:53 pm

    […] auf an den Gärtnerplatz! Weil hipper Pop-Up und weil es eben für Latte Macchiato-Mamis endlich wieder Zeit ist, sich am Gärtnerplatz zu zeigen und feines Bio-Eis zu […]

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