Kinder

ALLE HABEN DAS!! – Kindlicher Spielzeug-Wahn

1. Juli 2017

Spinner-Spielzeug: „ALLE HABEN DAS!“

Jedes Jahr gibt es mindestens ein Schulhof-Spielzeug-Must-Have. Mein großer Sohn ist seit knapp drei Jahren ein Schulkind, wir brauchten schon „UNBEDINGT, weil das ALLE haben“ Fingerboards, RainbowLooms aka Armbänder aus Gummikringeln, Pokémon-Karten, StarWars-Karten, Lego Ninjago-Karten und selbstverständlich Fussball-Sammelalben plus Sticker von REWE und Panini.* Und nun ist es der Fidget Spinner – ein nicht wirklich erklärbarer Fingerkreisel in allen Farben und Formen. Als Begründung der kindlichen Konsumgier wird schlichtweg angeführt: „ALLE haben das“. Die Frage ist: WARUM?

Fast vier Milliarden Euro „Spielzeug-Geld“

Laut dem Handelsverband Spielwaren werden in Deutschland pro Jahr rund 3,4 Milliarden Euro für Spielzeug  ausgegeben. Im Durchschnitt bekommt jedes Kind pro Monat bespielbares Zeug für knapp 15 Euro. Kinder sind eine begehrte Zielgruppe. Vom diamantbesetzen Schnuller für Neugeborene bis hin zur Anna-und-Elsa-verzierten Frozen-Haarbürste, vom Babywasser bis hin zum speziellen Pauschalreise-Angebot für Realschul-Absolventen – die knapp 13 Millionen Kinder und Jugendlichen in Deutschland bekommen volle Aufmerksamkeit, zumindest von Unternehmenseite. Obwohl die Anzahl der Kinder sinkt, wachsen die insgesamten Ausgaben für die Brut. Das Kind rutscht beim Allem, wo es dabei ist, in den Mittelpunkt. Das kindliche Mitspracherecht ist bei elterlichen (Kauf-)Entscheidungen gestiegen – kam zum Beispiel früher auf den Tisch was Omma aus dem Garten gepflückt hat, werden heute schon Dreijährige beim Lebensmitteleinkauf um ihre Meinung gebeten „Willst Du lieber Nüdelchen oder Mini-Pizza?“ Auch die oftmals von Eltern weniger vorhandene Zeit für parentale Aufmerksamkeit dem Kind gegenüber wird kompensiert mit Wertschätzung in Geschenkeform. Das Kind will, das Kind kriegt. Daher bekommen und haben immer ALLE alles…

Spielzeug jetzt vs Spielzeug damals…

Zugegebenermaßen ist das Phänomen des Pausenhof-muss-ich-haben nicht neu. Neu ist, dass der Wandel von Trendpiece 1 zu hippen Ding 2 so schnell geht… Es lebe die digitale  Informationsflut und das Smartphone in den Händen von Achtjährigen!
Ich war beständiger in meinen analogen Anforderungen. Zu meiner Schulzeit musste man als Mädchen du jour haben:

Diddlmaus und Romantikposter…

Da ich nicht zu den ganz ganz ganz Coolen gehörte, hatte ich nicht Alles. Ich hatte -habe- zwei Glücksbärchis, einen Popples, den Zauberwürfel und einen Gameboy. MylittlePony war „das Ding“ meiner Schwester. Mein Slimy ist mir eingetrocknet, der Diddl-Maus habe ich mich kategorisch verweigert und das Tamagochi nie verstanden… Ebenfalls habe ich ein weiteres Must-have des 90er-Jahre-Klassenzimmers nie verstanden: Das romantische Poster. Jedes Jahr gab es ein- bis zweimal eine Klassensammelbestellung von Postern, auf denen ein blauer Delphin aus dem blauen Meer dem blauen Himmel samt blauem Mond entgegensprang. Die Megacoolen bestellten sich zur vermeintichen Nivellierung des Peinlichkeitsgrads noch ein Poster mit Michael Jackson und Bubbles dazu…

Ja, ja, das gab es wirklich…

Was ist schlimmer: Fidget Spinner oder Diddl-Maus?

Wenn man nun rückblickend auf die eigenen Sünden und die Geduld und Freigiebigkeit der eigenen Eltern schaut, muss ich sagen, dass es mich mit den WM-Sammelbildern und dem Fidget Spinner nicht so hart erwischt hat. Zwar kann ich den Spinner nicht  ganz verstehen und hoffe auf einen baldigen kindlichen Interessensverlust an dem Ding. Ich muss aber beim Betreten des Kinderzimmers weder einen echten Affen im Matrosenanzug noch eine bekifft-blickende Plüschmaus mit übergroßen Füßen und pinkfarbener Latzhose  ertragen.

Also Spinner, dreht Euch was das Zeug hält… Ich bin zufrieden – mit Kind und Spielzeug!!

 

*Ein besonders „Hut ab!“ gilt der Marketingabteilung von Panini. Denn diese ist nun so schlau, nicht nur in den Jahren von ausgetragenen Europa-oder Weltmeisterschaften ein Album der teilnehmenden Mannschaften samt Kader zu veröffentlichen. Auch 2017  -ein Jahr VOR der WM- gibt es ein aktuelles Album: „The Road to WM 2018 Russia“  – samt POTENTIELL teilnehmender Mannschaften und einer Auswahl an möglichen Spieler.
Je mehr, desto besser, desto teurer… Wir sind am Start!

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3 Comments

  • Reply Musikalische Früherziehung: The Ramones vs Händel und Helene... 18. Juli 2017 at 12:49 pm

    […] ich mag das „live“…  Das Kind fand jedoch am besten beim Dosenwerfen einen Fidget Spinner mit Kreisjugendring-München-Logo zu gewinnen. Dann die Biolimonade. Erst dann kamen die Bands. […]

  • Reply Sunsun89 9. April 2021 at 8:29 pm

    Toller Beitrag! Die Kinder meiner Freundin sind 8 und 10 und grosse Puzzle Fans. Bisher haben sie den Wunsch nach einem Handy nicht geäussert und das finde ich super. 🙂

    • Reply Mami und Gör 10. April 2021 at 1:07 pm

      Ja – das ist in der Tat äußerst lobenswert und spricht für eine gelungene Erziehung! Glückwunsch!

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