Auch ich erkenne sexistische Werbung…
Ich würde mich niemals als Feministin bezeichnen. Ich habe eigentlich etwas Angst vor Leuten, die Gender Studies lehren, EMMA lesen und ihre Kinder geschlechtsneutral erziehen. (Es lebe das Vorurteil!) Ich kokettiere gerne mit vermeintlichen Frauen-Klischees und lasse mir die Türe aufhalten. Ich bin nicht sauer, wenn in einer Bademodenwerbung eine Feau im Bikini gezeigt wird. Auch dann nicht, wenn das halbnackte Model 114 Quadratmeter groß ist (eine sehr große „sexistische Werbung“) und am Münchner Marienplatz hängt. Doch unlängst war gar ich etwas irritiert was Frauenbilder, „Frauenaufgaben“ und das Thema Lady Shaving angeht. Es war eine Fernsehwerbung – eine Werbung für eine angenehme Damenrasur im Intim- oder Gesichtsbereich…
W-A-R-U-M ???
Die große Frage ist: Warum machen die beiden Damen zu Beginn des Spots eine Kissenschlacht – auf dem Bett stehend? Warum tragen sie dabei Unterwäsche und wer zum Henker hat sich entschlossen die Wände im Loft rosafarben und mintgrün zu streichen? War der eigentliche Grundgedanke der Werber: Wir müssen die Sanftheit des Rasierers mit einer Feder gleichsetzen? Das wäre durchaus wahnsinnig innovativ, kreativ und einzigartig… Problem: Woher bekommen wir eine logische Geschichte mit einer Feder – wohlgemerkt einer Feder, die über eine Frauenoberlippe, danach über Achsel und Schritt schwebt…? Ach, durch eine Kissenschlacht! Das macht Sinn…
Sensibel und präzise: Ein Rasierer verbindet und schenkt Freude
Nun heißt das Rasierer Produkt in der Tat „Veet Sensitive Precision“ – steht dann im Weitergang Kissen=Feder=Sensitive und Schlacht=Precision? Oder kann auch die Schlacht irgendwie „sensitive“ sein? Das wäre zumindest etwas Neues… Zitat aus dem Spot: „An manchen Körperstellen ist die Haut empfindlicher…“ Und schon knallt die unterbewäschte Bett-Freundin das Kissen auf die so sensible Stelle – das macht Spaß, da bebt der Uterus vor Freude! Und daher machen wir Frauen das auch IMMER! Ja, genauso wie die Beiden im Spot! Wir schlagen uns in BH und Leibchen unsere Kopfkissen um die Ohren, lachen verschmitzt, rasieren uns dann gemeinsam oder gegenseitig die empfindlichen Körperstellen und hüpfen dann beschwingt im hellen, farblich zueinander passendem Colourblocking-Look aus dem Haus. Wohlgemerkt nehmen wir auch gerne das Utensil zur Intimrasur in einer unseren pastellfarbenen Handtaschen mit, für den schnellen Shave unterwegs.
Des Rasierer’s sexistische Werbung – und ich verstehe nicht…
Zugegebermaßen ist es ein Produkt, bei welchem man die nackte und haarige Realität wohl etwas aufschönen muss. Aber dennoch frage ich mich wie viele Frauen man in den Entscheidergremien überzeugen musste, dass die Idee „Kissenschlacht und pastell-Realität“ knallen wird…Und dass man bei einem Damenrasierer ruhig in die Klischee-Kiste greifen darf und eine ein klein bisschen sexistische Werbung machen darf. Fakt ist: Nun ist er draußen, der Spot. Und ich wundere mich noch immer – aber vielleicht verstehe ich auch eine eventuell subtil gesetzte Subline einfach nicht. Bin ich etwa gar nicht Käufer-Zielgruppe, weil mein Leben nicht pastellig genug ist? Soll es an mir vorbeigehen? Oder war der Plan, dass das Produkt publik wird, indem sich Frauen wie ich über den Zusammenhang Kissenschlacht und Schamhaare öffentlich erstaunt zeigen?
Wer ist denn nun Käuferzielgruppe? Haarige Vorstadt-Barbies? Man setzte wohl nicht auf einen großen Abverkauf bei oben erwähnten Hardcore-Feministinnen – denn, wie Jeder weiß: Die rasieren sich gar nicht!
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