Die Vermenschlichung des kleinen Hundes
Ich habe vier Kinder. Keinen Hund, keine Katze. Für Letzteres gibt es viele Gründe: Stadtwohnung, Büroarbeitszeiten – der Fakt, dass ich seit rund zehn Jahren Pipi und Kaka von Anderen wegmache und auf mehr davon keine Lust habe. Also kein Hund. Katzen mag ich eh nicht – aus Prinzip. Als ich Kind war, hatten wir einen „Hund“ – Pugsley. Einen Terrier, der zugegebenermaßen sehr verwöhnt wurde, aber unser Hund war. Da mein Vater nur mit Töchtern und einer Ehefrau gesegnet war, bestand er beim Haustier auf ein männliches Geschlecht. Pugsley war also ein Rüde – niemals aber der Sohn, den Papi nie hatte. Niemals wären wir auf die Idee gekommen einen Kinderwagen oder eine Babytrage für unseren Hund zu kaufen. Niemals… Bis vor Kurzem wusste ich nicht, dass es Babytragen für Hunde gibt – doch letzte Woche habe ich es gesehen. Eine Dame mit Hund in Babytrage und ihre Freundin, eine Dame mit Hund im Kinderwagen… Die Vermenschlichung der kleinen Hunde – aus dem Nachfolger des Wolfes wurde ein kleines menschenähnliches Spieltier. Und auf einmal wirkt Paris Hilton mit ihrer Louis-Vuitton-Hundtasche ganz normal…
„Du hast vier Kinder? Ich kenn‘ das, ich hab‘ drei Katzen!“
Diesen Satz habe ich auf einer Veranstaltung gehört. Die Gute war im gleichen Job wie ich, ähnlich alt und musste auch kleineren Lebewesen ab und an etwas zum Essen und etwas Auslauf geben. Wir hatten also viel gemeinsam. Hunde, Katzen, Kinder – Jacke wie Hose. Der einzige Unterschied besteht wohl darin, dass meine Schützlinge hoffentlich mal den Notarzt rufen, wenn ich im Alter einen Schwächeanfall erleide und mir nicht die Augäpfel wegessen… Igitt, genug. Was lässt die Katzenbesitzerin glauben, dass Kinder und Katzen dassselbe sind? Warum gibt es Kinderwägen für Vierbeiner? Wer steckt seinen Hund in einen Tier-BabyBjörn?
Das große Geschäft mit der Vermenschlichung
Sicherlich ist es ein guter Test um eigene Verantwortungsbereitschaft oder den partnerlichen Willen zur Aufgabenteilung herauszufinden, wenn sich jemand einen kleinen Hund zuleget. Sicherlich ist es schön für alleinlebende Enddreißigerinnen, wenn zu Hause drei Katzen die einsame Stille wegschnurren. Tiere geben Liebe, zweifellos. Aber sowohl Hunde wie auch Katzen sind und bleiben eben Tiere. In meinen Augen ist es eine Perversion gesunde Hunde zu schieben oder gesunden Katzen Seealgenmehl zur Unterstützung der Pigmentierung zu geben. Hat die Natur vorgesehen, dass Felltiere Seealgen fressen? Warum also sollte man das Katzen geben? Ausser natürlich das Tier bat explizit darum. Natürlich weil es das Produkt in der Werbung gesehen hat. Der Haustiermarkt boomt – jährlich werden für Futter und Zubehör rund fünf Millarden Euro in Deutschland ausgegeben. Das schreit natürlich nach neuen Produkten und Konzepten. Also wird das Tier vermenschlicht, (soziodemographische Lücke – die studierte Frau bekommt immer weniger Kinder- erkannt!) um neues Absatzpotential zu schaffen. Noch mehr Vermenschlichung als Heimtiermärkte bieten Partneragenturen für Hunde – denn wenn sich Frauchen alle elf Sekunden online verlieben kann, warum nicht auch das Hündchen…
Das Tier im Tier, das Tier bei mir, das Tier in mir…
Auch bei uns war Pugsley ein Familienmitglied. Er wurde geliebt – als Hund. Ich finde es seltsam, wenn Frauchen ihren Hund vorstellt und sagt „Das ist mein Baby. Ich liebe ihn, so wie Du Deine Kinder liebst“. Drehen wir mal die Zeit weiter: Frauchen bekommt selbst ein Baby, wenn Hundchen drei Jahre alt ist. Bringt es dann dem neuen Baby bei, dass der Hund sein Geschwisterchen ist? Sagt Frauchen selbst: „Das sind meine beiden Kinder, Lumpi und Max-Emmanuel.“ Stellt sich das Kind dann bei der Einschulung vor und sagt: „Ich habe einen Bruder, der kann bellen?“ Oder wird dann das bisherige Baby -der Hund- plötzlich entbaby-siert und muss auf einmal doch nur Haustier sein? Oder behandelt Frauchen beide Babys gleich. Denn irgendjemand hatte ja auch schon die Idee Kinder an die Leine zu legen…
Darauf zurück komme ich ein anderes Mal…
Liebe Hundebesitzer, denkt daran, dass Euer Tier vom Wolf abstammt. Würdet Ihr Euch einen gesunden Wolf umschnallen? Liebt Euer Haustier so sehr, wie man es lieben kann. Aber lasst es das sein, was es eben ist – ein Tier… Dann liebt es Euch auch als die Menschen, die Ihr seid.
6 Comments
Also ich habe ja vier Kinder, drei Katzen und nicht mehr zwei sondern nur noch einen Hund ABER ich habe weder Wagen, noch Bauchtrage, noch Seealgenmehl. Weder für die Kinder (die sind zu groß für die beiden ersteren und zu mäkelig für letzteres!) noch für die Tiere. Das wirft jetzt natürlich einige Fragen auf und eventuell benötigen meine Tiere ja alle mal einen Tierpsychologen (gibt es nämlich auch) weil ich weder für adäquate Partner über eine Tierpartneragentur gesorgt habe (WTF?!!) noch sie gestillt habe (und oh ja, megaeklig, aber auch das gibt es!). Aber damit kann ich gut leben, denn ganz definitiv: es ist ein RIESIGER Unterschied ob man Kinder oder Tiere hat!
Liebe Kristin, lieben Dank Du Menschen- und Tierfreund! Wieder etwas dazugelernt – ich wusste nicht, dass Menschen ihre Haustiere stillen (können)… Aber vielleicht ist mir deswegen mein Zwerghamster davongelaufen – er hat offenbar damals nicht genug Aufmerksamkeit von mir bekommen… Liebe Grüße!
Hallo!
Ich bin ebenfalls Mutter einer Tochter, verheiratet und wir haben mittlerweile unseren vierten Hund.
Ich bin während der Suche nach einem Transportmittel für unsere kranke Hündin auf diese Seite gestoßen und konnte es mir nicht nehmende lassen diese jetzt zu kommentieren.
Ich kann verstehen dass viele so denken, die sich nicht größer mit Hunden beschäftigen und sie nur als “normales” Haustier halten.
Ich möchte jedoch kurz ein Veto einlegen. 🙂
Dass der Hund einfach “nur ein Haustier” sei, weil er vom Wolf abstamme, diese Aussage hätte mein Großmutter sicherlich auch getroffen.
Es gibt jedoch Hunde die sind vieles mehr als nur ein Haustier.
Schutzhunde, Blindenhunde, Therapiehunde, usw.. Für diese gibt es sogar steuerliche Vorteile, ja und dann gibt es Menschen, für die ist ihr Hund mit Sicherheit auch ein “Ersatzkind”.
Aber wer nimmt es sich raus dieses abzuwerten!!??
Warum ist das nicht in Ordnung? (Abgesehen vom stillen)
Wer keine Kinder bekommen kann soll sich doch ein Haustier zulegen und es verwöhnen! Solange es nicht gequält wird ist doch alles perfekt. Es ist allerdings gesellschaftlich nicht so anerkannt wie ein verwöhntes Kind.
Therapiehunde z.B. kann man nebenbei bemerkt überall mit hinnehmen, auch wenn dran steht “wir dürfen hier nicht rein” und das zur Not dann nämlich in einem solchen Hundewagen/Buggy oder in einer Trage. Diese kann man sich sogar in einigen Geschäften oder Outlet’s in Deutschland ausleihen, da man sonst nicht in alle Geschäfte mit dem Hund gehen darf. Damit geht man normalerweise den Diskussionen / Beschwerden anderer Leute aus dem Weg. Es schreibt nicht jeder an seinen Hund dran was er für eine Ausbildung mit ihm gemacht hat. Die zum Begleit- oder Therapiehund kann nämlich jede Rasse machen. Es besteht sie zwar nicht jeder Hund aber es gibt sie sogar relativ häufig.
Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, da es etwas naiv rüber kommt wenn sich darüber lustig gemacht wird, wie andere sich mit ihren Tieren verhalten ohne genaue Hintergründe zu kennen. Besser mal den Besitzer vorher darauf ansprechen als sich im Internet nachher zum Kasper zu machen.
Ich würde diesen Artikel noch mal überarbeiten.
Pelzige Grüße
Sandra
Liebe Sandra, ich bin mit Hunden und Pferden große geworden und wir haben auch jetzt einen Hund. (Ich schreibe also nicht als „Nichtverstehen“) Natürlich ist unser Hund bei uns auch ein Familienmitglied, wenn auch kein weiteres Kind oder Kindersatz. Sondern eben ein Hund. Man mag mich vielleicht für „naiv“ halten, aber ich finde eben es gibt einen Unterschied zwischen Mensch und Tier und den sollte man nicht wegwischen. Ich finde es toll, wenn Menschen Tiere lieben, auch über Alles lieben. Aber es bleiben einfach Tiere… Und Hunde stammen nun mal vom Wolf ab und haben nun mal vier Beine… Aber lieben Dank für Deine Ansichten. Beste Grüße (ich habe leider keinen Pelz), Bettina
Hallo zusammen,
Ich bin Mutter( von Anfang an alleinerziehend) und ich habe einen Hund. Dieser Hund bereichert unsere Familie ungemein. Und ja er ist ein Tier, und ja er hat zwei Beine mehr als wir, aber er ist ein Lebewesen. Ich stelle hier wieder mal fest, dass sich der Mensch über die Tiere erhebt. Es gibt Tiere die haben Fähigkeiten, zu denen der Mensch nie fähig sein wird. Deshalb maßen wir als Menschen uns an, uns einen eigenen Namen (Mensch) zu verpassen, und alles andere auf Beinen oder mit Flossen oder Flügeln sind Tiere?! Welch eine Arroganz. Es ist ebenfalls arrogant Hunde mit menschlichen Kindern zu vergleichen.
Ja, auch ich habe vor mir eine Bauchtrage für meinen Hund zuzulegen. Ich habe nicht vor mein Hund ständig damit durch die Gegend zu tragen, denn das natürliche Bedürfnis der Hunde ist: zu laufen. Aber schleppen sie doch mal einen Hund mehr als 200 m in ihren Armen, weil die Menschen im Winter Salz auf die Fußwege gestreut haben, und der Hund dadurch starke Schmerzen hat und nicht mehr laufen kann. Und auch ein Hund kann bei einer zu großen Wanderung mal überlastet werden, oder er kommt ins Alter und kann nicht mehr so gut. Da mag eine Bauchtrage doch sehr hilfreich sein. Bewerten Sie also bitte nicht die Entscheidungen andere Menschen (Menschen!), sondern fragen Sie doch erstmal nach den Beweggründen und hören hin. Das würde helfen
Liebe Martina,
auch ich habe -neben vier Kindern- noch eine Schildkröte, eine Hund und ein Pferd. Und ich plane keines davon jemals in einer Bachtrage zu tragen. Ich gehe sogar noch weiter: ich plane weiterhin mich vom Pferd tragen zu lassen!! Nicht am Bauch, sondern auf dessen Rücken. Warum ich mich auf’s Pferd -und laut Ihrer Aussage über meine anderen Tiere- erhebe: weil genau das das Natürlichste ist. Denn ja -so arrogant bin ich- ich bin ein Mensch, und meine Tiere sind Tiere…
Und noch ein wortwörtlicher Beweggrund: wenn Sie sehen, dass der Weg im Winter voller Salz ist – heben Sie ihn kurz hoch und setzen Sie ihn erst wieder ab, wenn ein ungesalzenes Stück Weg da ist. Er wird das sicherlich besser finden, als in einer Bauchtrage vor ihrem Bau geschnallt zu sein…
Da würden Sie ihm helfen.