Es war einmal…
Ich wurde an einem Sonntag vor 40 Jahren geboren. An diesem Tag fuhr mein Vater meine Mutter ins 25 Kilometer entfernte Kinderkrankenhaus, fuhr wieder 25 Kilometer zurück um seinem Heimatverein beim Fussball zuzusehen, fuhr wieder ins Kinderkrankenhaus und stellte fest, dass er (wieder) eine Tochter hat, die gar schneller zur Welt kam als er dachte… Am Abend rief er dann seine Mutter, strenge Matriarchin der Familie an, um ihr das freudige Glück mitzuteilen. „Wir haben eine Tochter.“ sagte er. Als Antwort kam: „Und wir haben einen neuen Papst“. Spiel des Heimatvereins, Papstkrönung – meine Geburt. Ich wurde also in eine Familie voller Prioritäten und Prinzipien geboren.
Was bisher geschah…
Ich bin ein Kind der Siebziger. Ich habe schon Viel erlebt, musste brutale Tiefschläge in puncto Familie und Gesundheit hinnehmen. Doch das weitaus Meiste war wunderbar. Ich durfte aufwachsen in einer Zeit bevor es für Kinder ADHS und veganen Schnitzelersatz gab. Es gab Ed von Schleck statt Organic Basil Raspberry, es gab heiße Hexe statt Thermomix. Es gab Speichenclips statt Fahrradhelme, Wählscheibentelefon statt iPhoneX, Testbild statt Pay per View, VW Käfer statt Tesla, das HB-Männchen statt Schockbilder. Biene Maja wurde von Karel Gott und nicht von Helene Fischer gesungen. Es regierte Strauß statt Söder.
Ich habe bislang in fünf verschiedenen Ländern gelebt, habe die vier tollsten Kinder zur Welt gebracht, habe einmal geheiratet und mich einmal scheiden lassen, habe die alte, alte große Liebe wieder aufl(i)eben lassen und habe eine wunderbare Familie und die besten Freunde der Welt… Ich habe für mich den passenden Wertekodex definiert und weiß was und wer mir gut und weniger gut tut. Ich weiß endlich auf welche hyaloron-angereichterte Augencreme ich nicht allergisch reagiere und welche BH-Größe mir wirklich passt.
Ich muss mich nicht mehr finden – könnte mich aber immer wieder neu erfinden, weil ich weiß wer ich bin.
Season 0-40 – Recap
Wenn man das Leben in „Zehner-Etappen“ einteilen würde, kämen wohlmöglich folgender Zehnjahres-Ziele raus:
Jahre 0-10 – Erlernen der elementarsten Dinge, wie laufen, reden, stehen, schreiben, lesen usw. Das Leben ist toll, denn man muss sich um NICHTS kümmern.
Jahre 10-20 – Vertiefung des bisher Erlernten. Nicht nur aus akademischer Sicht, sondern auch, zum Beispiel, beim Thema Laufen: Wie viel Wodka-Bull kann ich trinken um noch laufen zu können? Das Leben ist immer noch relativ unkompliziert, denn man bekommt vollste elterliche Unterstützung und ist noch nicht so ganz für sich allein verantwortlich…
Jahre 20-30 – Selbstfindung/ Identitätsdefinition. Jetzt muss man sich entscheiden, was mal werden will, wenn man wirklich groß ist. Studium, Berufswahl. Die Eltern unterstützen, aber man ist auf sich allein gestellt und muss langfristige Verantwortung für Entscheidungen tragen.
Jahre 30-40 – Realitätscheck der Selbstfindung/ Ausweitung der Kampfzone – Familiengründung. Jetzt wird es ernst. Man muss Geld scheffeln, sich im Job verwirklichen, um dann die vermeintlich größte Lebensaufgabe zu erfüllen: eine eignen Familie zu gründen, ein eigens Heim schaffen. Die Eltern geben Rat, aber alle Entscheidungen fallen auf einen selbst zurück.
Und was kommt jetzt?
So – alle Aufgaben habe ich erfüllt. Teilweise übererfüllt. Kinder sind da, Job ist da, Mann ist da, Heim ist da, Freunde nicht alle da, aber immer bei mir… Theoretisch könnte ich nun einen Haken setzen und in gefällige Selbstaufgabe verfallen. Dick und lethargisch werden. In meinem Alter muss man keinen Minirock mehr anziehen. Ab jetzt geht’s bergab – organisch und brüstlich. Die besten Jahre sind vorbei…
Aber halt! Statt anti-age gibt es nun PRO-age – 40 ist das neue 30 aber ohne der Aufgaben! Also werde ich trotz der vier im Zehnerbereich weitermachen wie bisher. Und sogar noch mehr! Denn dank meines Alters habe ich Erfahrung – ich kenne die beste Kinderfremdbetreuungs-Strukturen, habe den effizientesten Haushalts-Organisationsplan erarbeitet, weiß wann ich meinen Powernap brauche. Ich habe mehr Zeit als mit 35, denn die Aufgaben sind erledigt. Ich muss keine gesellschaftlich auferlegten Ziele verfolgen (siehen oben), sondern bin nun alt genug, um nur meine Ziele als Ziel zu haben. Und das sind noch so einige…
Ich bin sehr froh, dass ich es bislang so weit und so gut geschafft habe. Und daher gibt es keinen einzigen Grund daran zu zweifeln, dass es auch noch weiter und noch besser gehen kann. Warum sollte eine Vier mich einschränken, aufhalten, beschneiden? Pah – das Gegenteil ist der Fall! Die neue Vier gibt mir Freiheiten, Sicherheiten, Bestätigungen!
In diesem Sinne, an alle Vierzigjährigen: AUF DIE NÄCHSTEN VIERZIG JAHRE!
4 Comments
Erstmal: herzliche Glückwünsche und vor allem: guter Jahrgang! 😉
Und dann: herausragend gut geschrieben. Hat mir gut getan, denn ich mancher Hinsicht bin ich trotz einiger Monate 4 im Zehnerbereich noch nicht so weit. Aber das wird noch, da bin ich, wie in beinah allem, optimistisch.
Lieben Dank! Das wird schon. Und frage Dich doch mal ehrlich: wärst Du lieber 30 geworden und müsstest die letzten zehn Jahre nochmals durchmachen? Mit Allem…Kinder und so… Ganz liebe Grüße!!!
Also ganz ehrlich: doch 30 wäre schon nochmal schön. Ich war echt unheimlich gerne schwanger und habe liebend gern Babies! Und meine Kinder sind einfach zu schnell groß geworden 😉
Aber ich weiß was du meinst!
[…] die Dellen, sind wirklich kurz davor mich zu überzeugen… Ich muss es einsehen: ich bin keine 38 mehr. Egal was ich tue. Nun gehöre ich Team 40 an – zumindest bei […]