Mehr als nur in Jogginghose – #braless
In Corona-Zeiten mussten wir lernen, dass wir wenig Kontrolle über unser Leben haben. Wen, wie viele wir wann und wo treffen dürfen, bestimmte der Markus. Dass nur meine obere Gesichtshälfte im Supermarkt zu sehen ist, bestimmte die Angela. Ob die Kinder jeden Tag in die Schule gehen dürfen, hat noch immer keiner bestimmt. Was wir aber selbst bestimmen durften ist, wie weit wir uns in unseren vier eigenen Wänden von Modediktaten gängeln lassen wollen. Und HELL YEAH – es lebe die Jogginghose (wer zumindest modischer klingen will, sagt Lounge-Wear), ein Hoch auf die Pyjama-Pants. Karl Lagerfeld wird sich ob der über das Leben verlorenen Kontrolle im Grabe umdrehen. Denn zu der in seinen Augen fehlenden Mode-Achtsamkein unten herum gesellt sich nun das fehlende Obenherum. Es lebe die BH-Losigkeit! #braless
Vom Paradox zur F/Brustration
Der BH als büstenerhaltende Unterstützung ist ein Paradox. In Teenagerjahren kann frau es kaum erwarten, sich zum ersten Mal die Brüste in ein Draht-Stoff-Geflecht zu spannen. Die Freude ist groß, wenn man das B-Körbchen erreicht hat. Wachsen die Drüsen- und Fettansammlungen aber über ein bestimmtes D-Maß hinaus, gibt es weniger Freude. Und es gibt weniger ansprechende BHs. Die F/B-rustration wächst. Obwohl es keine Freude macht die Brüste in einen BH zu spannen, gibt es eine gesellschaftliche Verpflichtung ebendies zu tun. Groß ist der mediale Aufschrei, wenn man irgendwo eine prominente Brustwarze durchschimmern sieht… Das gehört sich doch nicht! Sofort wieder BH anziehen! Die modische Mittelschicht möchte kein #braless! Da klang es -vertont von Fettes Brot- in meine Richtung “Bettina, pack Deine Brüste ein…“
Freiheit vs Dreifachhaken
Nun aber hat sich die Welt gewandelt. Und ja – als Gegenpol zu all den neuen Regeln, breche ich die Regel des regelmäßigen BH-Tragens… Es fühlt sich nach Freiheit, Ehrlichkeit, Schönheit und Schwerkraft an. What‘s not to like? Fast jede Frau kennt und genießt den Moment, wenn man abends den BH auszieht. Es kurzes Plopp, dann ist der Körper wieder in seiner Ursprungsform. Kein Gezuppel, keine verschobenen Bügel, kein juckender Dreifachhaken, keine einschnürenden Träger… Es ist ein Gefühl der Selbstbestimmung. Ein Gefühl von JA zum eigenen Körper.
Die Leichtigkeit des Seinlassens…
Sicherlich ist es auch Selbstbestimmung weiterhin BHs zu tragen. Doch zumindest ich werde es nie verstehen, warum Damen über 35 Jahren BHs mit Bezeichnungen wie „Full-Effect-Super-Push-Ups“ tragen würden. Zugegebenermaßen kenne ich das Gefühl von „zu wenig“ auch nicht. Au contraire mon frère… Also werde ich weiterhin selbstbestimmt meine Brüste zu Hause aus ihrem Baumwoll-Gefängnis befreien und in just dieses wieder verfrachten, wenn ich rausgehe… Außer es ist sehr heiß. Außer sie wollen es selbst nicht. Außer ich will nicht. Denn etwas sollte uns die Isolation gelehrt haben: Aus einem Eingeengt-sein kann auf vielen Ebenen große Freiheit entstehen. Schließlich geht es hier nicht darum dem Trend #braless hinterherzujagen. Es geht schlichtweg darum, seinen Körper in Zeiten wie diesen etwas mehr Freiheit zu gönnen…
Und wie meine Freundin Svenja zu sagen pflegt: „Wenn ich das kann, kannst Du das auch…“
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[…] mir Amsterdam ins Wohnzimmer holen kann und dass es geht rund 90 Prozent der Zeit ungeschminkt und mit Hosen, die nur dank Gummibund halten, umherzulaufen. Ich habe gelernt, dass Karl Lagerfeld unrecht hatte!! Nun weiß ich, wie man Kindern […]
[…] einiger Zeit aber merke ich, wie er sich etwas gehen lässt. Zugegebenermaßen hatte er Hilfe von der Corona, die ihm zu viel Ruhe erlaubte. Zwar ist er nun wieder massiv gefordert, will mir aber zeigen, dass […]