Erwachsene

Nächtliche Notwendigkeiten ab 40 – Beißschiene, Zehentrenner und Co

16. April 2021
Auf dem Tisch liegen eine Beißschiene, ein Zehentrenner, eine Nasenöl, Augensalbe und Lippencremal als Sinnbild für nächtliche Notwendikeiten im Alter.

„Also jetzt mit über 40 muss man da schon aufpassen…“

Ich gehe regelmäßig zum Arzt besser, zu verschiedenen Ärzten… Das tue ich, weil ich das restliche Gesundheit gerne behalten und konservieren möchte. Zudem ist es meist ein Hort der Ruhe, denn dort schreit niemand „Mami“ und es gibt Klatschzeitschriften dank derer ich weiß, was Michelle Hunziker zu Mittag isst. Bisher haben mich meine zahlreichen Arzttermine nicht gestört, ich empfand die ärztliche Kontrolle meines Körpers als einen überversorgenden Segen. Nun aber bin ich offenbar ein Segen für die mich versorgenden Ärzte – denn ich lasse den Rubel rollen… Mit dem Überschreiten der 40-er Altersmarke wurde ich zur CashCow in der medizinischen Vorsorge. Statt „Alles prima – wir sehen uns dann in sechs Monaten wieder“ höre ich “Nun in Ihrem Alter müssen wir etwas mehr aufpassen…“. Offenbar bin ich seit einigen Jahren eine mehr und mehr verschleißende Zellansammlung, die nur noch mit Hilfsmitteln aus Plastik wie einer Beißschiene und diversen Sälbchen, Tröpfchen, Tablettchen und Käpselchen zusammengehalten werden kann.

Der schiefe Zahn und die Beißschiene

Mein Zahnarzt ist ungefähr zwölf Jahre alt und hat ein amerikanisches Blende-Lächeln. Ich nehme an, er entsprang einer Zeitschrift für hochpreisige Arztklamotten und ist in Wahrheit Model im Hauptberuf. Er legt mir immer höchst freundlich -und so schön- seine beruhigende Hand auf meine Schulter. Dann freut er sich ein bisschen, dass ich kein Karies habe und offenbar eine gute Mundhygiene. Eigentlich wäre Alles in Ordnung, wäre da nicht der wohl unbewußt sich aufbahnende Streß, der dafür sorgt, dass ich des Nächstens mit den Zähnen presse und knirsche. Man könne schon deutlich einen Zahnabrieb erkennen. Außerdem ist der linke Schneidezahn länger als der rechte. Das Röntgenbild bestätigt das. Die Lösung des Problems: Eine Beißschiene. Die wirkt Wunder, aber blöderweise muss man die selbst bezahlen. Ich nehme das Wunder – denn ich bin ja schon äusserst zerbrechlich und muss aufpassen.

Das schiefe Knie und der Zehentrenner

Bei der jährlichen Kontrolle meines nicht eigenen Knies (ja – ich habe ein aus Zellen erstelltes Knie, denn meines war nach einem Verkehrsunfall Matsch…) stellte der Orthopäde meiner Wahl fest, dass das Knie zwar für die damalige Verletzung gut in Schuß sein, aber… aber… Aufgrund einer jahrelangen Schiefhaltung und einer einhergehenden Fehlbelastung bewege sich nun der große Zeh am rechten Bein zu weit nach rechts. Und ALLES, was sich zu sehr nach rechts bewegt muss man schnell ELIMINIEREN! Zur Sicherheit wird auch hier geröntgt. Puh – zum Glück nur ein vulgärer Hallux Valgus und kein ungewollter Rechtsruck meines Körpers. Eine Schiene hilft auch hier, dann nehm ich doch zur Sicherheit mal die A-Klasse unter den Überbein-Korrektoren. Denn man muss ja in meinem Alter gut vorsorgen – da darf man nicht am falschen Ende sparen…

Von Kopf bis Fuß auf Alter eingestellt

Wenn ich mich nun zur Abendruhe begebe, bedarf es einiger Hilfsmittel, damit ich mich am nächsten Tage wieder -natürlich mit Gelenkknacken- überhaupt aus dem Bett hieven kann. Ich benötige neben benannter Beißschiene und Großzehenorthese (so der sexy Fachausdruck eines Zehentrenners) auch noch Schleimhaut-befeuchtende Augensalbe, Nasenspray, Nasencreme. Das ist einer ganz anderen Krankheit geschuldet – die man eigentlich erst ab der Menopause verspürt, aber mein Blutbild mir schon jetzt mitteilte, dass ich – Achtung auch hier- ja schon jetzt aufpassen müsste!
Dazu kommen noch die kosmetischen Helferlein in Form von regenerativen Augencreme, sanft straffendem Jojoba-Öl, Hyaloron-Gesichtsserum, Vitamin-C-Nachtcreme, fältchenglättender Lippenpflege, Nagelhaut-Öl, Hand- und Fusscreme. Letzteres gegen die so schön klingenden Schrunden… Neben Zähneputzen, Zahnseide, Mundwasser und Gesichtwaschen, -klären und -tonen brauche ich rund 20 Minuten, um mich bettfertig zu machen. Zum Haarekämmen bleibt da keine Zeit mehr.

Ja wo ist denn nur die Zeit geblieben?

Zeit ist offenbar ein rares Gut und ich habe anscheinend schon viel davon verbraucht. Zumindest den Teil, den man ohne Zipperlein durchs Leben kommt. Wo man hinfällt, aufsteht und einfach weitergeht. Wenn ich heutzutage hinfalle, dann habe ich für einige Tage ein Hämatom. Oder ein blaues Auge. Ich merke immer mehr, dass ich ohne meine Morgengymnastik -fashionable heißt es wohl Morning-Kick-Start-Yoga- Rücken habe und schon genervt bin. Wenn ich meine Kinder ansehe, dann fällt mir auf, dass diese in der Tat immer älter werden. Aber ich? Neee…
Doch nun ertappe ich mich wie ich To-Go-Speisekarten vor meinem Auge vor- und zurückschiebe um den besten Augen-Papier-Abstand zu erreichen. An jedem Tag, an dem ich den Berg nach Haidhausen hochradeln muss, um die Tochter aus der Einrichtung abzuholen, sehne ich mich nach einem E-Bike. Denke dann aber, dass ich dafür doch zu jung bin… Ich entsorge Ballerinas, weil nun meine Mittelfußknochen zu weit hervorstehen und ich das nicht schön finde… Und dann der größte Beweis überhaupt: unlängst haben wir Bilder von früher angesehen. Menorca 1999. Ach, war das schön.Wir konnten ohne Eltern verreisen, Autofahren, Alkohol trinken, Zigaretten rauchen… Will heißen, schon vor 2000 waren wir erwachsen. Und nun haben wir 2021!! Und es entkam mir der Satz: „Krass, wieso haben wir denn schon 2021? Wo ist denn nun die Zeit geblieben?“…

Wer oder was bestimmt, dass ich alt bin?

Ich bin NICHT alt. Ich kann noch immer bis in die Puppen feiern. Wegen Corona (Mann, Corona – voll lost, Junge…) kann ich das gerade nicht beweisen, aber ich schwöre, ey! Zwar knacken die Gelenke häufiger, der Kater bleibt länger, ich lese lieber Kochbücher als „Biss zum Abendrot“ und finde einen Morgenmantel eine tolle Erfindung. Ich nenne das einfach weiterentwickeln und eben nicht alt werden. Daher organisiere ich mich eben anders als mit Mitte zwanzig. Ich sehe auch ein bisschen anders aus als mit Mitte Zwanzig. Und ich habe andere Vorlieben: während ich vor zwanzig Jahren auf der Suche nach dem Richtigen (Club/ Mann/ Getränk…) war, suche ich heutzutage nach richtig gutem Schlaf. Mein Schlaf ist mir sehr wichtig. Bin ich ausgeschlafen, fühle ich mich furchtbar jung. Folglich bin ich es, egal was jemand anders/ mein Geburtsdatum sagen.
Vierzig ist das neue zwanzig! Ich kann mich immer wieder neu erfinden, weil ich ja schon so viel weiß und erlebt habe. In den letzten zwölf Monaten war ich erfolgreiche Lehrerin! Jetzt bin ich wieder Content Creator! Einfach so… Demnächst werden meine Haare wieder rotblonder und meine Haut brauner. Je nach Lust und Laune (und Anfrage) bin ich entweder wilder Partygast oder fürsorgliche Mami, entweder viel arbeitende Texteschreiberin oder genießende Buchleserin. Also bestimme ich einfach, dass ich NICHT alt bin – denn solange ich noch ALLES sein kann, bin ich eben JUNG!

Was ist in meinem Alter wichtiger als die Beißschiene?

Guter Schlaf hält gesund und jung. Das weiß jedes Kind. Und die Liebe hält ebenfalls jung sagt man. Was keiner sagt, ist das Beides manchmal schwer zu verbinden ist…
Die für mich, in meinem Alter, wichtigsten Verbündeten am Abend sind weder meine Beißschiene, mein Zehentrenner noch meine Cremes – ich BRAUCHE mein iPad (Hörspiele/ Podcasts) und meine Noise-Cancellation-Kopfhörer. Denn zum einen lebe ich überhalb der Münchner Feiermeile, und zum anderen liegt der Mann an meiner Seite wirklich an meiner Seite. Und hier der Grund warum ich nur nach Schlaf und nicht mehr nach dem Richtigen suche: Die Liebe schläft besonders laut. Es ist kein gleichmäßiger Laut, kein sonores Geräusch, kein einschläferndes Schnorcheln. Nein, derweilen klingt es als ob ein Elefantenbulle sein Gaumenzäpfchen ausspucken möchte… Ich könnte ungestört noch immer schlafen wie ein Baby. Aber manchmal röchelt, schnaubt, schluckt er. Laut. Ungleichmäßig. Zwar nicht immer, aber immer öfter.
Früher war das nicht so. Da war er ein durchwegs ruhiger und beruhigender Schlafpartner. Nun ist er nicht mehr ruhig. Ichhabe gehört das geschehe im Laufe der Zeit…

Wird er etwa ALT??

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