Erwachsene

Brexit? Wir haben BETT-XIT. Ein Kampf. NO DEAL!

31. Januar 2020
Die Autorin liegt im Bett und hält eine ausgestreckte Hand in Abewhrhaltung nach oben. Sie signalisiert, dass sie noch fünf Minuten schlafen möchte und noch nicht bereit ist für den Bett-xit.

Brexit vs Bett-xit

Seit Juni 2016 wird der Brexit vorbereitet, verschoben, neu verhandelt, finalisiert. Heute ist es soweit. The UK is OUT. Dafür stimmten dereinst 51,89 Prozent der betroffenen Wählenden. Die Mehrheit, die sich geäußert hat war also FÜR das Rausgehen. In unseren vier Wänden herrscht folgendes Problem: 100 Prozent der Befragten sind gegen das Rausgehen. Jeden Tag – seit September 2016. Keiner will raus. Aber jeder muss. Ich kämpfe jeden Wochentag, bei jedem Kind – gegen 100 Prozent, ich kämpfe am Wochenende gegen mich. Ich kämpfe für den Bett-xit.
Und ja, es gibt wahrhaft Parallelen zwischen der dem Großbritannien- und unserem Großfamilien-Dilemma.

Während der Woche habe ich zahlreiche Gegner. Das Gute ist, dass ich allein die große Mehrheit darstelle und entscheide, wer drin bleibt und wer raus muss. Hier halte ich es französisch: L’etat, c’est moi. Meine Gegner wissen das, dennoch kennen sie politische Finten, um mir das Leben zu erschweren. Sie versuchen zu handeln, zu schieben, zu verwehren, zu drohen, zu erpressen. Jedes Kind fährt eine unterschiedliche Taktik. Und ich bin gezwungen zu reagieren. EU-Politik am Mann, in unserem Zuhause…

Kind eins: Der harte Bett-xit

„Nur noch fünf Minuten“. „Der Andere soll zuerst ins Bad“. „Auf meiner Uhr ist es noch nicht 7.00h“. Das Kind verleugnet die Realität. Als Regierungsoberhaupt befrage ich mich kurz ob ich dem Kind entgegen kommen könnte und muss leider mitteilen, dass es keine Chance auf weiteren Aufschub gibt. “Geh weg!“ sagt das Kind. Seine strategische Lösung: Vogel-Strauß-Taktik. Decke über den Kopf. Es hofft: Das Böse ist weg… „Steh‘ JETZT auf!“ schallt das Böse. Keine Regung beim Elfjährigen. Kein Einlenken auf gegnerischer Seite. Also schreite ich zur Tat. Licht an, Decke weg, Fenster auf. Der harten Bett-xit. No deal! Ich werfe raus. No mercy…

Kind zwei: Der besondere Backstop

Kind 2 ist besonders betroffen vom täglichen Bett-xit. Es scheint, er leide Durch das Verlassen seines Bettes täglich körperliche Qualen. Hier hilft nur: „Bald ist Wochenende…!“ – das gute Zusprechen, dass Alles gut wird. Jedoch führt Kind 2 Des Öfteren seinen eigenen Backstop durch. Im wörtlichen Sinne. Es geht back und stopt: Behagt es Kind 2 nicht nach seinem Bett-xit wird, dieser umgehend rückgängig gemacht und das Kind legt sich -angezogen und gewaschen- einfach wieder in sein Bett. Auf die energische Nachfrage „Was soll das? Es ist 10 vor acht!!“ antwortet das Kind: „Ich hab‘ vergessen, was ich machen soll…“

Kind drei: Die familieneigene Sturgeon

Unsere familieneigene Minderheitsrepräsentatin handelt in ihrem persönlichem Interesse. Zwar stimmte sie generell -allabendlich- zu, einen Bett-xit mitzumachen, tut dies aber nur zu ihren Bedingungen. Und dies sind: erst Joghurt frühstücken, dann waschen und anziehen. Ungeachtet der von der mütterlichen Mehrheit aus Zeitgründen anders definierten Prioritäten, gibt es hier keine Handlungsmasse. Wird der töchterliche Vorschlag nicht erfüllt, gibt es emotionale Ausbrüche, die zur kompletten Verlangsamung des ganzen Familien-Bett-xit führen. Mit ihr steht und fällt das Gesamtkonstrukt. Zudem gibt es ihrerseits die Drohung, dass sie niemals in die Schule gehen wird, denn das erfordere einen noch strikteren Bett-xit. Sie plane stattdessen für immer im Kindergarten bleiben und dann direkt zu heiraten….

Kind vier: Unser kleiner Bett-xit Boris

Unser Kleinster ist ein bisschen wie der gute Briten-Boris. Allein schon von der Frisur her… Er wirkt entschlossen, geht in die besprochene Richtung, tut dann aber doch wieder Unerwartetes. Im Großen und Ganzen sorgt auch er für die meisten Überraschungen im Bett-xit. An einem Tag ist das Kind problemlos, am nächsten plärrt es sich um die gleiche Uhrzeit, nach gleicher Anzahl von geschlafenen Stunden die Seele aus dem Leib. Es ist unvorhersehbar. Auf eines ist jedoch Verlaß: Am Wochenende vollzieht es höchst freiwillig den Bett-xit und tritt zu einer höchst Eltern-unwilligen Stunde aus…

Der Bett-xit und die Bettina

Ich möchte anbringen, dass auch ich einen täglichen Bett-xit, meinen persönlichen Bett-xit, durchleben muss, bevor ich diesen von den Anderen fordere. Im Gegensatz zur EU weiß ich also, was ich meinen Gegnern antue. Ich fühle mit. Wochentäglich. Und wenn das Wochenende naht, die Kinder jeglicher Anwesenheitspflichten entbunden sind, wendet sich das Blatt. Sie stellen nun die Entscheidungsgewalt dar, angeführt von Kind Nummer vier. Vereint verlangen sie nun den elterlichen Bett-xit. Gnadenlos überfallen sie die elterlichen Gemächer und annektieren das Bett. Sie hüpfen, sie verlangen gefüttert zu werden, sie wollen wissen, was die Eltern Sich Spannendes für die nächsten Stunden ausgedacht haben, sie sind laut, sie sind wild. Sie sind das schwer kontrollierbare Unterhaus…

Und ich, ich halte es wie John Bercow:

OOOOOOOOORRRRDAAAAA

YouTube/ ARD

Und ich versuche etwas Zen auszustrahlen… (siehe sehenswertes Video…)

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1 Comment

  • Reply Lernentwicklungsgespräch: Der kindliche Selbstverpflichtungs-Vertrag 6. Februar 2020 at 4:34 pm

    […] üben sollte. Unter Umständen vielleicht pünktlich zum Unterrichtsbeginn anwesend sein könnte (das Kind hat Probleme mit dem morgendlichen Bett-xit.) Vielleicht die Elternbriefe rechtzeitiger abgeben könnte. Lieber häufiger Schulmaterialien auf […]

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